Schmerz und Psyche

Wenn sich alles um den Schmerz dreht

Akute Schmerzen sind ein kaum ignorierbares Warnsignal, dass mit unserem Körper vorübergehend oder dauerhaft etwas nicht in Ordnung ist.

Der Schmerz ist ein ungeliebter, aber unbedingt erforderlicher Bote. Ohne Schmerzwahrnehmung wäre der Körper ständig lebensgefährlich bedroht.

Das Schmerzempfinden entsteht durch die Erregung bestimmter schmerzleitender Nervenbahnen, die zur sinnlichen Erfahrung des Schmerzes führen.

Das Schmerzerleben kann, muss aber nicht mit einer organischen Ursache (Gewebeschädigung) verbunden sein. Schmerzen können Ausdruck einer organisch bedingten Störung, einer seelischen Kränkung oder einer sozialen Beziehungsstörung sein.

In der Fachwelt gilt folgende Schmerzdefinition: Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potenzieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.

Schmerz Psyche

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Schmerz ist demnach nicht einfach nur ein bloßes Sinnesphänomen oder eine reine Reizwahrnehmung, sondern weist auch eine gefühlsmäßige Komponente auf.

Diese Definition berücksichtigt bewusst auch Schmerzen ohne organische Ursachen.

Die früher übliche Unterscheidung in organisch bedingte und „psychogene“ Schmerzen wurde von den Fachleuten zugunsten eines multidimensionalen Schmerzkonzepts aufgegeben, weil Schmerzen immer eine körperliche und eine psychische Komponente haben, sie ist aber in der klinischen Praxis noch häufig anzutreffen.

Man unterscheidet zwischen akuten und chronischen Schmerzen.

Akute Schmerzen dauern gewöhnlich nur relativ kurz an (Sekunden bis maximal Wochen). Sie haben eine Signal- und Warnfunktion, indem sie den Körper auf eine drohende oder bereits eingetretene Gewebeschädigung hinweisen und den Organismus vor weiteren Schäden schützen. Die Schmerzen sind in der Regel auf den Ort der Schädigung begrenzt, sodass der Arzt aus der Lokalisation und der Qualität des Schmerzes auf die zugrunde liegende Ursache schließen kann. Das Schmerzausmaß steht gewöhnlich in direktem Zusammenhang mit der Intensität des auslösenden Reizes (oft ist dieser Zusammenhang jedoch gar nicht so eng). Die Beseitigung der Ursache führt meist zur Erholung des Körpers und zum Verschwinden der Schmerzen.

Chronische Schmerzen sind Schmerzzustände, die – je nach Definition – drei bzw. sechs Monate nach Beginn einer akuten Schmerzepisode noch immer andauern (z.B. Rückenschmerzen, rheumatische Schmerzen) oder immer wiederkehren (z.B. Migräne und Spannungskopfschmerzen). Menschen mit chronischen Schmerzen werden oft nur unzureichend behandelt; ihr Krankheitsverhalten ist stark schmerzbezogen, und sie klagen häufig über psychische, soziale und berufliche Beeinträchtigungen (Leistungsminderung, Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Funktionsbehinderungen der Feinmotorik). Oft weisen sie auch eine reaktiv-depressive Symptomatik auf, die wiederum das Schmerzerleben verstärkt. Die Schmerzen sind umso chronischer, je mehr sie das Erleben und Verhalten des Betroffenen bestimmen. Im Gegensatz zu akuten Schmerzen besteht häufig kein eindeutiger und enger Zusammenhang zwischen der Gewebe- oder Organschädigung und der erlebten Schmerzintensität. Die Ursache des Schmerzes liegt weniger am Ort des Schmerzes als vielmehr im Gehirn, wo der Schmerz verarbeitet wird und sich eine Eigendynamik entwickelt hat. Bei chronischen Schmerzen ist der Schutz- und Warncharakter der Symptomatik verloren gegangen. Es entwickelt sich im Laufe der Zeit ein eigenständiges Krankheitssyndrom, abgekoppelt von spezifischen organischen Ursachen oder Auslösern, die meist gar nicht mehr eruierbar sind. Beim Übergang von einer akuten zu einer chronischen Symptomatik sind Lernprozesse wirksam, die zur Verstärkung der Krankenrolle führen. Bei der Behandlung chronischer Schmerzen steht daher nicht mehr die Beseitigung der Schmerzursache, sondern die Veränderung des Schmerzerlebens im Sinn eines anderen Umgangs mit den Schmerzen im Vordergrund.

Chronische Schmerzen werden durch krankhafte Veränderungen der Schmerzverarbeitung im Nervensystem verursacht oder verstärkt.

Zum Verständnis chronischer Schmerzen muss man drei Körpersysteme beachten:

Die Sinneszellen und die ihnen nachgeschalteten Nervenzellen. Die Sinneszellen (Schmerzrezeptoren) in der Haut, in den Eingeweiden, in den Bändern, in den Gelenken und in den Muskeln nehmen die Schmerzreize auf und leiten sie über bestimmte Nervenbahnen direkt ins Rückenmark in der Wirbelsäule weiter.

Das Rückenmark als erste Verarbeitungsstation. Das Rückenmark verarbeitet die Schmerzreize und leitet sie gefiltert über eine Art Tor-Mechanismus an das Gehirn weiter. Die Weiterleitung hängt davon ab, ob dieses Tor offen oder geschlossen ist. Bei geschlossenem Tor empfängt das Gehirn keine Signale und nimmt daher auch keinen Schmerz wahr.

Das Gehirn als Schaltzentrale. Das Gehirn verarbeitet die eintreffenden Schmerzreize als bewusste Schmerzerfahrungen und Gefühle, kann aber auch durch direkte Befehle an das Rückenmark das Tor öffnen oder schließen. Der aktuelle Gefühlszustand bestimmt die Art der Schmerzverarbeitung. Schmerzempfindungen werden bei Freude und Glücksgefühlen als weniger belastend empfunden, bei Hilflosigkeit, Erschöpfung und depressiver Stimmung dagegen als sehr quälend erlebt. Bestimmte Gedanken und Bewertungen können einen Schmerz erträglich oder bedrohlich erscheinen lassen. Unsere Gefühlszustände und Denkmuster haben also großen Einfluss darauf, ob das Schmerztor im Rückenmark eher geöffnet oder eher geschlossen wird. So kann etwa die Konzentration auf angenehme oder interessante Dinge vom Schmerz ablenken und diesen erträglicher machen.

Zum Verständnis chronischer Schmerzen ist auch der Begriff des Schmerzgedächtnisses von zentraler Bedeutung.

Das Schmerzgedächtnis ist ein wesentlicher Faktor für die Entstehung einer Schmerzstörung.

Menschen mit häufigen Schmerzen werden im Laufe der Zeit dem Schmerz gegenüber nicht unsensibler, sondern reagieren im Gegenteil immer empfindlicher auf Schmerzen.

Wiederholte starke Schmerzreize können die Übertragung von Schmerzinformationen vom peripheren auf das Zentralnervensystem anhaltend verstärken.

Die ständige Wiederholung starker Schmerzsignale verändert dauerhaft die Funktion und den Aufbau ganz bestimmter Nervenzellen im Rückenmark.

Diese werden nach einer länger dauernden Übererregung überempfindlich und reagieren bereits auf schwache Impulse in Schmerzfasern mit starken Erregungen; sie erinnern sich an die früheren akuten Schmerzreize und erzeugen ständig Schmerzsignale, ohne dass ein Auslöser dafür vorliegt.

Als Folge davon werden selbst leichte Reize (z. B. Berührung, Wärme oder Dehnung) plötzlich als Schmerz empfunden.

Dieser Lernvorgang ist die Grundlage des Schmerzgedächtnisses.

Allein die Vorstellung von Schmerzen kann schon zu neuerlichen Schmerzen führen.

Vor allem postoperative Schmerzen hinterlassen ausgeprägte Spuren.

Unzureichend behandelte bzw. behandelbare Schmerzen hinterlassen ebenfalls Gedächtnisspuren im Zentralnervensystem, die die Schmerzempfindlichkeit erhöhen.

Ein weiterer Faktor zur Chronifizierung von Schmerzen ist Angst, die von einem bestimmten Gehirnbereich (Mandelkern) gesteuert wird.

Durch diese Angst prägt sich jede neue Schmerzempfindung besonders tief in das Gehirn ein.

Über das Schmerzgedächtnis wird dann bei jeder neuen Schmerzattacke auch die damit verbundene Angst erinnert. So entsteht ein verhängnisvoller Angst-Schmerz-Teufelskreis.

Wenn sich das Schmerzgedächtnis einmal entwickelt hat, kann es mit den derzeit vorhandenen Medikamenten nicht gelöscht werden.

Doch für die Zukunft besteht Hoffnung: Auf der Basis der neuen neurobiologischen Konzepte über das Schmerzgedächtnis können vielleicht einmal wirksamere Medikamente zur Behandlung chronischer Schmerzen entwickelt werden.

Man kann vier Komponenten des Schmerzes unterscheiden:

Sensorische Komponente. Als bewusste Sinnesempfindung werden Informationen über den Ort, die Dauer und die Intensität eines Schmerzes vermittelt.

Affektive (emotionale) Komponente. Der Schmerz löst fast immer unlustbetonte Affekte und Emotionen aus und beeinträchtigt das Wohlbefinden.

Vegetative (autonome) Komponente. Der Schmerz bewirkt bestimmte Reaktionen des vegetativen Nervensystems (z.B. Schweißausbruch, Steigerung der Herzfrequenz und des Blutdrucks).

Motorische Komponente. Der Schmerz führt zu Flucht- und Schutzreflexen in Form von muskulärer Anspannung.

Nach einer anderen Einteilung kann man den Schmerz ebenfalls auf vier Ebenen beschreiben:

Körperlich-physiologische Ebene. Der Schmerz kann, muss aber nicht eine organische Grundlage haben. Das schmerzleitende System wird aktiviert, bestimmte Schmerzstoffe, Botenstoffe und andere Substanzen werden freigesetzt.

Motorisch-verhaltensbezogene Ebene. Der Schmerz führt zu einer bestimmten muskulären Reaktion (z.B. reflektorisches Zurückziehen der Hand, muskuläre Verspannung, Veränderung der Ausdrucksmotorik).

Subjektiv-psychologische Ebene. Der Betroffenen zeigen offene Reaktionen (z.B. Klagen, Weinen, Schreien, Stöhnen), verdeckte Reaktionen in Form von Gedanken (z.B. „Die Schmerzen sind unerträglich“) und entwickeln bestimmte Vorstellungen und Gefühle (z.B. Angst, Depression, Verzweiflung).

Soziale Ebene. Das individuelle Schmerzerleben hat soziale Auswirkungen (z.B. Krankenstand, Behinderung, Berufsunfähigkeit, sozialer Rückzug).

Schmerzen gehören zu den häufigsten körperlichen Beschwerden: 60 bis 80 % der Bevölkerung haben im Laufe eines Jahres einmal oder mehrmals Schmerzen unterschiedlichen Schweregrades.

Chronische Schmerzen stellen ein völlig unterschätztes Problem dar und finden nicht jene Beachtung, die aufgrund der weltweiten Verbreitung nötig wäre.

Nach einer weltweiten Untersuchung klagen durchschnittlich 22 % der Hausarzt-Patienten über chronische Schmerzen, wobei die Werte je nach Land unterschiedlich sind.

Nach einer umfangreichen Erhebung in 16 europäischen Ländern leidet knapp jeder fünfte Erwachsene (19%) unter chronischen Schmerzen, im Durchschnitt seit sieben Jahren.

In Deutschland trifft dies auf 17 %, in Österreich auf 21 % und in der Schweiz auf 16 % zu.

Immer mehr Beachtung wird in der Schmerzbehandlung den psychologischen Komponenten geschenkt: Nach eher konservativen Schätzungen von Fachleuten dürften bei rund 40 % der Patienten psychologische Faktoren bei der Entstehung, Auslösung und Aufrechterhaltung der Schmerzen eine bedeutsame Rolle spielen.

Schmerzen wurden in den letzten Jahrhunderten als Begleiterscheinung körperlicher Erkrankungen angesehen und nicht als eigenständiges Krankheitsbild.

Seit den 60er Jahren werden Schmerzen in der Folge einiger bahnbrechender Arbeiten zur Schmerzverarbeitung in den USA immer stärker als eigenständiges Phänomen betrachtet, intensiver untersucht und erforscht.

Der Begriff der „Schmerzstörung“ in den modernen Diagnoseschemata trägt dieser Entwicklung Rechnung.

Von einer Schmerzstörung spricht man dann, wenn der Schmerz vom Symptom zur Krankheit geworden ist, das heißt seine Warnfunktion verloren und sich verselbstständigt hat.

Alle Schmerzen entstehen letztendlich im Kopf, nämlich erst nach der Verarbeitung der Schmerzimpulse durch unser Gehirn.

Diese Sichtweise ist die Basis der modernen psychologischen Schmerzbewältigungstherapie, wo es darum geht, das Schmerzerleben modifizieren zu lernen.

Zahlreiche Redewendungen zu den verschiedenen Organbereichen verdeutlichen den engen Körper-Seele-Zusammenhang bei schmerzhaften Verspannungen.

Kopf: etwas bereitet mir Kopfschmerzen, mir raucht oder dröhnt der Kopf, mir brummt der Schädel, ich zerbreche mir den Kopf, ich habe den Kopf zum Bersten voll.

Rücken: sein Kreuz tragen, alles wird auf meinem Rücken ausgetragen, vom Schicksal oder vor Gram gebeugt sein.

Nacken: die Angst im Nacken, den Nacken steif halten.

Verspannungsbedingte Schmerzen kommen auch bei verschiedenen psychischen Störungen vor, insbesondere bei Menschen mit Depressionen und generalisierten Angststörungen.

Die Betroffenen klagen oft über Verspannungen im Schulter- und Armbereich sowie über Nacken-, Kreuz-, Gelenk- und Muskelschmerzen.

Viele psychosomatisch relevante Schmerzen wurden bereits bei den verschiedenen Organbereichen beschrieben, z.B. chronische Magen- oder Darmschmerzen, Enddarmschmerzen, Schmerzen beim Harnlassen und Stuhlgang, Kieferschmerzen oder schmerzhafte Menstruation und chronische Unterleibsschmerzen bei Frauen.

Psychosomatisch relevante Schmerzstörungen

Funktionelle Störungen

Anhaltende somatoforme Schmerzstörung

Im aktuellen Diagnoseschema werden die früher als „psychogene Schmerzen“ (Psychalgie) bezeichneten nichtorganisch bedingten Schmerzen als anhaltende somatoforme Schmerzstörung ausgewiesen und folgendermaßen charakterisiert:

Primär leidet der Betroffene an einem andauernden, schweren und quälenden Schmerz, der seit mindestens einem halben Jahr an den meisten Tagen auftritt.

Der Schmerz ist durch physiologische Prozesse oder eine körperliche Störung nicht vollständig erklärbar.

Der Schmerz tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Problemen auf.

Die Konflikte und Probleme müssen so schwerwiegend sein, dass sie als entscheidende ursächliche Einflüsse gelten können.

Die Schmerzen stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und des Erlebens und haben gewöhnlich eine beträchtliche persönliche oder medizinische Betreuung oder Zuwendung zur Folge.

Schmerzen aufgrund bekannter oder vermuteter psychophysiologischer Mechanismen zählen nicht zur somatoformen Schmerzstörung, sondern sind als „psychische Faktoren oder Verhaltensweisen bei andernorts klassifizierten Krankheiten“ sowie durch die Benennung der entsprechenden körperlichen Erkrankung zu codieren (z.B. Migräne).

Mit Bedauern muss festgestellt werden, dass das aktuelle Diagnoseschema in seiner ursprünglichen Formulierung leider die überholte Unterscheidung von psychischen und organischen Schmerzen und noch nicht das moderne biopsychosoziale Schmerzverständnis vertritt, wonach keine derartige Spaltung möglich ist.

Die Störung neigt zur Chronifizierung, wenn keine Behandlung im Sinne des biopsychosozialen Krankheitsverständnisses erfolgt, weshalb möglichst rasch nach der organmedizinischen Abklärung eine Intervention im Rahmen eines multiprofessionellen Behandlungsansatzes erfolgen sollte.

Die mögliche Schwierigkeit dabei ist: Die Betroffenen haben sich oft sehr lange Zeit mangels besseren Wissens an ein organmedizinisch orientiertes Erklärungsmodell geklammert, das anfangs oft auch von Ärzten durch bestimmte Diagnosen und Behandlungsversuche unterstützt wurde, weshalb sie weiterhin dementsprechende medizinische Hilfestellungen erwarten („Ich hab’s im Körper und nicht im Kopf, ich bin ja nicht verrückt.“).

Schmerzen kommen häufig auch bei anderen somatoformen Störungen wie der Somatisierungsstörung und der somatoformen autonomen Funktionsstörung (z.B. bei einer Reizdarmsymptomatik) vor, diese sind jedoch im Vergleich zu den anderen Symptomen nicht so anhaltend und vorrangig wie bei einer somatoformen Schmerzstörung.

Eine Schmerzstörung tritt oft auch zusammen mit anderen psychischen Störungen auf (Depressionen, Angststörungen, Schlafstörungen). Depressive haben ein vierfach erhöhtes Risiko für Nacken- und Rückenbeschwerden; bereits bestehende Schmerzen werden durch eine Depression verstärkt.

Chronische Schmerzen stehen häufig in Verbindung mit Depressionen, akute Schmerzen dagegen eher mit Angststörungen.

Viele Patienten mit einer somatoformen Schmerzstörung weisen in der Vorgeschichte oft auch verschiedene funktionelle Beschwerden auf, z.B. Magen-Darm-Beschwerden, herz- und atmungsbezogene Symptome. Bei Hausärzten wird der Anteil an somatoformen Schmerzpatienten auf 5 bis 7 % geschätzt.

Die Analyse der Lebensgeschichte (biographische Anamnese) ist das wichtigste Mittel zum Nachweis einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und ermöglicht in vielen Fällen eine Abgrenzung zu primär organisch bedingten Schmerzen.

Viele Betroffene haben im Laufe ihres Lebens körperliche und/oder sexuelle Gewalt oder fundamentale Vernachlässigung als Kind erlebt.

Bei Frauen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit ist die Schmerzschwelle herabgesetzt, sodass oft anhaltende Schmerzen im Unterleib auftreten.

Nachgewiesene biographische Belastungsfaktoren wie Krisensituationen (z.B. Verlusterlebnisse durch Trennung oder Tod), chronischer Stress oder berufliche, partnerschaftliche oder familiäre Probleme ermöglichen in 80 bis 90 % der Fälle eine Abgrenzung zu primär organisch bedingten Schmerzstörungen, wenngleich stets auch eine umfassende organische Untersuchung erforderlich ist.

Häufig können Paar- und Familiengespräche den klinischen Eindruck und damit die Diagnose absichern.

Ein Punkt wird in der Praxis oft zu wenig bedacht: Bei der Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung muss zwischen den auslösenden emotionalen und psychosozialen Stressfaktoren und den erst sekundär durch den Krankheitsverlauf entstandenen psychischen Problemen unterschieden werden!

Menschen mit einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung unterscheiden sich von Patienten mit organisch bedingten Schmerzen gewöhnlich in folgender Weise:

Die Schmerzen sind nur vage lokalisierbar, können sogar hinsichtlich Lokalisation und Modalität wechseln, sich nach lokalem Beginn stark ausweiten und werden von den Betroffenen weniger typisch geschildert als organisch bedingte Schmerzen.

Die Schmerzen werden eher mit affektiven Bezeichnungen (scheußlich, fürchterlich, schrecklich) als mit sensorischen Eigenschaften (schneidend, bohrend, ziehend) beschrieben.

Typischerweise bestehen keine Unterschiede in der Schmerzintensität in Abhängigkeit vom Tagesverlauf und anderen belastenden oder entlastenden Faktoren, das heißt es ist eine hohe Schmerzintensität ohne Unterbrechung vorhanden.

Die anatomischen Grenzen der Versorgung durch die Nervenbahnen werden nicht eingehalten, das heißt es werden oft Schmerzen bis zu einer Mittellinie oder einer Grenze geschildert, denen keine organische Grundlage entspricht.

Neben anderen biographischen Belastungsfaktoren finden sich in der Vorgeschichte oft körperliche Misshandlung oder sexueller Missbrauch.

Somatoforme Schmerzsyndrome sind weniger durch typische Symptommuster charakterisiert als vielmehr durch eine bestimmte Erlebnisverarbeitung körperlicher Vorgänge („Leiden“) und durch ein ungünstiges Krankheitsverhalten der Betroffenen („abnormes Krankheitsverhalten“).

Bei einer psychologischen oder psychotherapeutischen Intervention sollten daher stärker die psychosozialen Beeinträchtigungen als die Symptomintensität oder die diagnostische Zuordnung im Vordergrund stehen.

Bei einer Schmerzstörung ergeben sich typische Folgeprobleme:

Fernbleiben von der Arbeit bzw. Schule, lange Krankenstandszeiten, Arbeitslosigkeit, Frühpensionierung, übermäßiger Medikamentenkonsum, Missbrauch von Tranquilizern oder Schmerzmitteln, häufige Inanspruchnahme medizinischer Einrichtungen, sozialer Rückzug, Partnerprobleme, Einschränkungen der Freizeitaktivitäten bis hin zur völligen Inaktivität, Reduktion jeder körperlichen Betätigung, depressive Zustände, hohe Kosten durch schul- oder alternativmedizinische Maßnahmen in der Hoffnung auf völlige Beseitigung der Schmerzen.

Als Folge der Schmerzen erhalten die Betroffenen oft auch eine intensive persönliche oder medizinische Betreuung oder Zuwendung. Dies wird auch „sekundärer Krankheitsgewinn“ genannt.

Schmerzstörungen können zwar bei jeder Altersgruppe auftreten, finden sich jedoch besonders häufig im 4. und 5. Lebensjahrzehnt.

Ausgeprägte geschlechtsspezifische Unterschiede sind nicht bekannt. Bestimmte Faktoren ergeben bei einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung oft einen ungünstigen Verlauf: Arbeitslosigkeit zu Beginn der Schmerzbehandlung, laufende oder abgeschlossene Anträge auf eine Berufsunfähigkeitspension, Entschädigungsverfahren, jahrelanger chronischer Schmerzverlauf vor Therapiebeginn, Tendenz zur Somatisierung, psychiatrische Zusatzdiagnosen (z.B. Depression).

Als typische somatoforme Schmerzstörungen gelten folgende anhaltende Beschwerden:

Somatoforme Kopf- und Rückenschmerzen. Man versteht darunter subjektiv erlebte Schmerzen ohne ausreichende organische Grundlage.

Somatoforme Brustschmerzen. Starke Verspannungen im Brustbereich können Schmerzen auslösen, die oft als Herzschmerzen fehlinterpretiert werden. Typisch sind: dumpfer Druck, Brennen (einige Stunden bis mehrere Tage lang) und kurze nadelartige Schmerzen unter der linken Brustwarze. Die Betroffenen leiden oft auch unter einer verspannten Rückenmuskulatur, die bis in den Brustkorb ausstrahlt. Die Brustschmerzen können auch mit einer erhöhten Empfindlichkeit auf Säurereize in der unteren Speiseröhre zusammenhängen.

Somatoforme Magen-Darm-Schmerzen. Diese Symptome wurden bereits bei den entsprechenden Organbereichen im Abschnitt über die funktionellen Störungen beschrieben.

Somatoforme chronische Unterleibsschmerzen bei Frauen. Diese häufig auftretenden Beschwerden wurden bereits im Abschnitt über die spezifischen Frauenbeschwerden dargestellt.

Organische Störungen

  • Kopfschmerzen (Spannungskopfschmerzen, Migräne)
  • Gesichtsschmerzen
  • Rückenschmerzen
  • rheumatische Schmerzen
  • Fibromyalgie
  • myofasciales Schmerzsyndrom
  • Tumorschmerzen

Primär organisch bedingte Schmerzstörungen mit psychosomatischer Relevanz sind nach dem gültigen Diagnoseschema mit einer Doppeldiagnose zu versehen und zwar mit der Bezeichnung der organischen Störung und der Zweitdiagnose „Psychologische Faktoren und Verhaltenseinflüsse bei (z.B. Migräne, Lumboischialgie oder Kreuzschmerz)“.

In der klinischen Praxis werden viele Schmerzstörungen mit vorwiegend organischen Ursachen dennoch als „anhaltende somatoforme Schmerzstörung“ diagnostiziert, weil zum einen die organischen Faktoren eben nicht ausreichen, das Beschwerdebild vollständig zu erklären und weil zum anderen das Wort „Schmerzstörung“ leider in keiner anderen diagnostischen Kategorie aufscheint.

Das Konzept der Schmerzstörung im relativ neuen internationalen Diagnoseschema ist leider zu undifferenziert und bereits veraltet, denn es beruht auf der längst überholten Unterscheidung von rein psychischen und rein organischen Schmerzen.

Moderne Schmerzkonzepte betonen dagegen die engen Zusammenhänge zwischen Stress bzw. Stressverarbeitung und chronischen Schmerzen.

Aufgrund der Wechselwirkungen zwischen Nervensystem, Immunsystem und hormonellem System bestehen enge Verbindungen zwischen Stress und Schmerz.

Diese neuen Erkenntnisse werden zukünftig weit reichende Auswirkungen auf die Diagnostik und die Therapie von Schmerzstörungen haben.

Kopfschmerzen

Kopfschmerzen sind die häufigsten Befindlichkeitsstörungen des Menschen.

Mindestens 70 bis 80 % der Bevölkerung werden einmal oder öfter im Jahr von Kopfschmerzen geplagt.

Nach der bislang umfangreichsten Studie leiden 71,4 % der deutschen Bevölkerung zumindest zeitweise an Kopfschmerzen: 27,5 % leiden an Migräne, 38,3 % an Kopfschmerzen vom Spannungstyp.

Migräne kommt bei Frauen (32 %) häufiger vor als bei Männern (22%); bei episodischen und chronischen Kopfschmerzen vom Spannungstyp besteht kaum ein Unterschied zwischen Frauen und Männern.

Unter den Migräne-Patienten leiden 10 % an Migräne mit neurologischen Vorzeichen, nämlich mit der typischen Aura, über 70 % an Migräne ohne typische Aura und rund 10 % an komplizierten Migräneformen und Cluster-Kopfschmerzen.

Wenn eine Migräne bereits im Kindesalter aufgetreten ist, bleibt diese bei 60 % auch im Erwachsenenalter bestehen.

Mit fortschreitendem Alter werden migräneartige Kopfschmerzen seltener und chronische Kopfschmerzen vom Spannungstyp häufiger; episodische Kopfschmerzen vom Spannungstyp sind altersunabhängig. Auffällig ist der in den letzten Jahrzehnten erfolgte Anstieg der Migräne im Kindesalter.

Wenn gleichzeitig auch psychische Störungen vorhanden sind, bleiben die Kopfschmerzen bestehen oder treten sogar verstärkt auf.

Begleitende Angststörungen und Depressionen bewirken mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Chronifizierung der Kopfschmerzen von der Jugend bis zum Erwachsenenalter.

Es gibt zwei grundlegend verschiedene Arten von Kopfschmerzen: primäre und sekundäre Kopfschmerzen.

Sekundäre Kopfschmerzen haben nachweisbare organische Ursachen und kommen nur bei höchstens 5 % der Kopfschmerz-Patienten vor.

Sie sind die Folge von Krankheiten wie Kopftumor, Gehirnblutung, Gefäßmissbildungen, Augen- oder Bandscheibenproblemen oder die Nachwirkungen von Verletzungen oder Operationen.

Bei chronischen oder wiederholt auftretenden Kopfschmerzen sollten organische Ursachen medizinisch ausgeschlossen worden sein, bevor man psychosomatisch orientierte Überlegungen anstellt.

Primäre Kopfschmerzen sind ein eigenständiges Krankheitsbild und nicht Folge einer anderen Störung.

Es handelt sich um reversible Störungen der schmerzempfindlichen Strukturen innerhalb oder außerhalb des Schädels.

Man unterscheidet folgende Arten: Spannungskopfschmerzen, Migräne mit und ohne Aura, Clusterkopfschmerzen (zeitliche Anhäufung von Anfallsserien mit bohrend-brennenden Kopfschmerzen im Frühjahr oder Herbst sowie zu bestimmten Tageszeiten).

Spannungskopfschmerzen sind doppelt so häufig wie Migräne.

Die Mehrzahl der chronischen Kopfschmerz-Patienten leidet unter Mischbildern. Im Folgenden werden nur die Spannungskopfschmerzen und die Migräne besprochen, da beim Clusterkopfschmerz bisher keine psychosomatischen Zusammenhänge belegt sind.

Kopfschmerzen vom Spannungstyp

Die heute übliche Bezeichnung „Kopfschmerzen vom Spannungstyp“ ist eine Sammelbezeichnung für Kopfschmerzformen, die früher als Spannungskopfschmerz, Muskelkontraktionskopfschmerz, vasomotorischer, stressabhängiger oder psychogener Kopfschmerz diagnostiziert wurden.

Es handelt sich dabei um die häufigsten Kopfschmerzen, die bei 15 bis 20 % der Bevölkerung vorkommen, bei Frauen etwas häufiger als bei Männern.

Spannungskopfschmerzen treten – im Gegensatz zu Migräne – gewöhnlich auf beiden Seiten von Kopf und Nacken auf. Viele Betroffene leiden, was oft unterschätzt wird, darunter ebenso stark wie Migräne-Patienten.

„Spannungskopfschmerzen“ wurden früher mit einer Anspannung der Stirn- und Nackenmuskulatur erklärt.

Die Beziehung zwischen Spannungskopfschmerzen und Muskelverkrampfungen ist jedoch keineswegs so eng, wie bislang immer angenommen wurde.

Die muskulären Verspannungen können auch umgekehrt die Folge der Spannungskopfschmerzen sein.

Man unterscheidet zwischen Spannungskopfschmerzen mit und ohne Beteiligung der Schädelmuskulatur, da nicht alle Spannungskopfschmerzen durch Verspannungen der Schädelmuskulatur ausgelöst werden.

Die Beschwerden können auch mit einer Veränderung der Schmerzempfindlichkeit durch bestimmte Botenstoffe des Gehirns zusammenhängen.

Eine erhöhte Muskelspannung ist demnach zur Diagnosestellung von Spannungskopfschmerzen nicht mehr erforderlich, wenngleich bei der Mehrheit der Betroffenen eine muskuläre Verspannung vorhanden ist.

Im Gegensatz zu früheren Annahmen weisen Kopfschmerz-Patienten grundsätzlich eine erniedrigte Schmerzschwelle und -toleranz auf, sowohl während der Kopfschmerzen als auch im schmerzfreien Intervall.

In Abhängigkeit von der Häufigkeit gibt es eine episodische und eine chronische Verlaufsform, die sich in den Ursachen und in der Behandlung unterscheiden.

Episodische Kopfschmerzen vom Spannungstyp sind charakterisiert durch wenigstens 10 typische Kopfschmerzepisoden, die nicht häufiger als 180 Tage pro Jahr bzw. weniger als 15 Tage pro Monat auftreten und pro Episode zwischen 30 Minuten und 7 Tagen andauern.

Die Schmerzen weisen mindestens zwei von vier typischen Merkmalen auf:

drückende bis ziehende, nicht pulsierende Schmerzqualität; leichte bis mäßige Schmerzintensität, sodass die übliche körperliche Aktivität allenfalls behindert, aber nicht unmöglich ist; beidseitige Lokalisation; keine Verstärkung durch körperliche Tätigkeiten wie Treppensteigen u.ä. Es besteht keine Übelkeit und kein Erbrechen (Appetitlosigkeit kann vorkommen) und auch keine Scheu vor Licht oder Geräuschen (in einem der beiden Bereiche kann aber eine Scheu vorhanden sein).

Chronische Kopfschmerzen vom Spannungstyp treten wenigstens 15 Tage pro Monat bzw. 180 Tage pro Jahr über wenigstens 6 Monate hinweg auf.

Es sind mindestens zwei der folgenden vier Merkmale vorhanden: drückender oder ziehender Schmerz; leichte bis mäßige Intensität, was die täglichen Aktivitäten beeinträchtigen kann, aber nicht völlig unmöglich macht; beidseitige Lokalisation; keine Verstärkung durch Treppensteigen oder sonstige vergleichbare körperliche Aktivitäten.

Es besteht kein Erbrechen, es kann aber eines der drei Symptome Übelkeit, Scheu vor Licht oder Scheu vor Erbrechen vorhanden sein.

Bei Patienten mit Spannungskopfschmerzen gibt es im Gegensatz zu früheren Behauptungen keine typischen Persönlichkeitsmerkmale.

Als mögliche Ursachen gelten neben anderen Faktoren vor allem psychosozialer Stress, zwischenmenschliche Probleme, Arbeitsdruck, Angststörungen, depressive Erkrankungen und Schlafstörungen.

Migräne

8 bis 12 % der Bevölkerung leiden unter Migräne, Frauen dreimal häufiger als Männer.

Bei Migräne unterscheidet man zwei Arten: mit und ohne Aura, das heißt mit oder ohne neurologische Vorzeichen einer Attacke.

Eine Aura ist eine Phase mit verschiedenen vorübergehenden, bis höchstens eine Stunde andauernden neurologischen Symptomen und Ausfällen; sie wird von den Betroffenen zwar als schmerzfrei, aber dennoch als sehr belastend erlebt.

Als typische und häufigste Form der neurologischen Vorzeichen gilt eine visuelle Aura.

Es handelt sich dabei meist um eine Sehstörung in Form einer Flimmerempfindung mit Lichtblitzen, die sich von innen her zum Rand des Gesichtsfeldes ausbreiten, wobei es manchmal zu kurzfristigen Gesichtsfeldausfällen kommen kann.

Viel seltener treten Gefühlstörungen und Körpermissempfindungen, motorische Schwäche (meist einseitig) und Sprachstörungen auf.

Eine Migräne mit Aura liegt dann vor, wenn wenigstens zwei Kopfschmerzattacken aufgetreten sind, die mindestens zwei der folgenden vier Merkmale aufweisen:

ein oder mehrere voll reversible neurologische Aurasymptome als Ausdruck einer fokalen Funktionsstörung in der Großhirnrinde und/oder im Hirnstamm, wenigstens ein Aurasymptom entwickelt sich allmählich über mehr als 4 Minuten hinweg, zwei oder mehrere Symptome treten in Folge auf.

kein Aurasymptom dauert länger als 60 Minuten (diese Zeitgrenze kann proportional überschritten werden, wenn mehrere Aurasymptome auftreten), die Kopfschmerzphase folgt der Aura mit einem freien Intervall von weniger als 60 Minuten, kann aber gelegentlich vor oder gleichzeitig mit der Aura beginnen.

Wenn die neurologische Symptomatik länger als eine Stunde andauert, liegt eine Migräne mit verlängerter Aura vor.

Manchmal tritt bei einer Migräne mit Aura auch eine halbseitige Lähmung oder Schwindel auf. Die neurologischen Begleitsymptome bilden sich gewöhnlich nach dem Anfall zurück.

Eine Migräne ohne Aura besteht aus Kopfschmerzattacken, die unbehandelt zwischen 4 und 72 Stunden andauern und mindestens zwei der folgenden vier Merkmale aufweisen:

einseitige Lokalisierung; pulsierender Schmerzcharakter; Verschlimmerung bei körperlicher Betätigung wie Treppensteigen; mäßige bis starke Schmerzintensität, sodass die üblichen Tagesaktivitäten erschwert oder nicht möglich sind.

Zudem ist noch wenigstens eine weitere Begleiterscheinung charakteristisch: Übelkeit und/oder Erbrechen sowie eine Scheu vor Licht und Geräuschen.

Typisch ist folgender Verlauf: Die Symptomatik entwickelt sich innerhalb weniger Stunden zur vollen Intensität, dauert unbehandelt meistens 3 bis 12 Stunden an, kann oft aber auch mehrere Tage und Nächte anhalten und verschwindet dann gewöhnlich rasch und vollständig.

Die Beschränkung der Schmerzen auf eine Schädelhälfte ist – abgesehen von anderen Merkmalen – ein typischer Unterschied zu Spannungskopfschmerzen.

Die Betroffenen fühlen sich häufig so beeinträchtigt, dass sie ihre Tätigkeit abbrechen müssen und sich gewöhnlich in einem verdunkelten Zimmer ins Bett zurückziehen.

Jede körperliche Betätigung wie Bücken, Heben von Lasten oder Treppensteigen führt im Gegensatz zu Spannungskopfschmerzen zur Verschlimmerung der Beschwerden.

Charakteristisch ist auch eine Übelkeit, die bis zum Erbrechen führen kann, wodurch die Schmerzen anschließend oft nachlassen.

Die Auslöser für eine Migräneattacke sind – im Gegensatz zum allergischen Asthma – gewöhnlich nicht im Sinne einer Reiz-Reaktion zu verstehen, sondern stellen bloß begünstigende Faktoren dar.

Es handelt sich um eher grob definierte, auf den ersten Blick unauffällige Situationen, z.B. am Wochenende, nach dem Fernsehen, einige Tage vor der Menstruation.

Neben biologisch-physikalischen Auslösern wie Lichtreizen, Menstruation, Störungen des Schlaf-Wachzyklus, hormonellen Veränderungen, Hunger, Alkohol und bestimmten Nahrungsmitteln wie Schokolade oder Käse gibt es auch psychische Auslöser wie emotionale Faktoren (Ärger oder Wut), erhöhter Leistungsanspruch, Stress, Hektik oder Entspannung nach psychischen Belastungen (z.B. nach einer anstrengenden Woche, einer schweren Prüfung sowie zu Urlaubsbeginn).

Eine Migräne beginnt gewöhnlich zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr, selten nach dem 40. Lebensjahr (hier meistens bedingt durch Gefäßveränderungen im Rahmen einer anderen organischen Grunderkrankung).

Abgesehen von Patienten, die nur einmal bzw. einige Male im Leben einen Migräneanfall erleben, weist Migräne gewöhnlich einen chronischen Verlauf über Jahrzehnte auf, wobei einige Patienten wöchentlich mehrere Anfälle und andere nur einige Attacken pro Jahr aufweisen.

Nach dem 45. Lebensjahr, bei Frauen oft nach der Menopause, werden die Anfälle weniger oder bleiben ganz aus.

Während Spannungskopfschmerz-Patienten hauptsächlich unter einer Beeinträchtigung der Stimmung leiden, jedoch häufig arbeitsfähig sind, besteht bei Migräne-Patienten vor allem eine Leistungs- und Arbeitsminderung durch ihr verständliches Bedürfnis nach stundenlanger Bettruhe im abgedunkelten und geräuscharmen Schlafzimmer.

Die Ursachen von Migräne sind gegenwärtig noch unklar, wenngleich es zahlreiche Hypothesen dazu gibt.

Die frühere Auffassung, dass ein Migräneanfall durch eine starke Verengung und anschließende Erweiterung der inneren und äußeren Kopfgefäßwände verursacht wird, ist veraltet.

Vielmehr ist die oft auch von außen beobachtbare Gefäßreaktion (Pulsieren bzw. Rot- oder Blasswerden der Haut) die Folge bisher unbekannter Ursachen, das heißt eine Sekundärerscheinung als Folge von Prozessen, bei denen wahrscheinlich Entzündungsvorgänge der Nerven, neuronale Vorgänge insbesondere im Hirnstamm und im Mittelhirn sowie der Botenstoff Serotonin eine große Rolle spielen.

Gesichtsschmerzen

Unter den Gesichtsschmerzen finden sich zwei mit psychosomatischer Relevanz: der atypische Gesichtsschmerz und das orofaziale Schmerz-Dysfunktionssyndrom.

Der atypische Gesichtsschmerz umfasst alle Gesichtsschmerzen, bei denen keines der bekannten Krankheitsbilder gefunden werden kann.

Die Bezeichnung „atypisch“ ergab sich historisch gesehen aus der Abgrenzung gegenüber der typischen Trigeminusneuralgie, bei der im Unterschied zum ständig vorhandenen atypischen Gesichtsschmerz immer freie Intervalle zwischen den Attacken bestehen.

Die Betroffenen klagen über schwer lokalisierbare, zumeist einseitige, dumpfe, drückende bis brennende und ständig vorhandene Schmerzen wechselnder Intensität, die als tief im Gewebe von Nase, Wangen oder Stirn häufig flächig ausstrahlend empfunden werden.

Die Dauerschmerzen treten oft nach zahnärztlichen oder HNO-Eingriffen auf oder werden durch diese verstärkt.

Die Schmerzen können unterschiedlich stark sein, dauern meist Stunden an, treten weder in Episoden noch Attacken auf und stehen nicht mit objektivierbaren Störungen der Körperwahrnehmung oder bestimmten schmerzauslösenden Punkten (Triggerzonen) in Verbindung, das heißt sie sind sehr diffus.

Sehr selten können aber doch attackenartige Schmerzen auftreten, was die Einordnung des Krankheitsbildes erschwert.

Charakteristisch ist die Diskrepanz zwischen dem subjektiv erlebten Schmerzausmaß und der tatsächlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität, verglichen etwa mit einer Trigeminusneuralgie.

Derartige Schmerzen stehen oft in einem ursächlichen Zusammenhang mit psychischen Störungen, vor allem Depressionen und somatoformen Störungen.

Das orofaziale Schmerz-Dysfunktionssyndrom, bekannt auch unter den Bezeichnungen funktionelle Kiefergelenksbeschwerden, myofaziales Schmerzsyndrom oder Myoarthropathie, wurde bereits im Abschnitt über die Zähne dargestellt; es besteht aus dauerhaften Schmerzen im Bereich der Kaumuskulatur.

Dies ist der wesentliche Unterschied zu einer Trigeminusneuralgie, die akut ist und sozusagen plötzlich einschießt.

Die Schmerzen stehen nur bei einem Teil der Patienten in Zusammenhang mit Kaubewegungen und sind im Bereich des Kiefergelenkes lokalisiert.

Meist dehnen sie sich über die gesamte Gesichtshälfte, teilweise auch auf die Kopfhälfte aus und können bis in die seitliche Nackenregion ziehen.

Häufig bestehen Muskelkrämpfe, verbunden mit einer Druckempfindlichkeit in bestimmten Bereichen, sowie ein Knacken im Kiefergelenk; das Öffnen und Bewegen des Kiefers ist erschwert.

Die Symptomatik ist oft verbunden mit Schwindel, Körpermissempfindungen, Depressionen, Angstzuständen oder nächtlichem Zähneknirschen.

Neben vorausgegangenen Problemen mit den Zähnen sind es häufig auch psychische und psychosoziale Faktoren wie Stress, Probleme in der Familie oder am Arbeitsplatz, individuelle Überforderung, Angst, Frustration, Wut und Aggression, die über muskuläre Verspannungen zu Schmerzen im Kieferbereich führen.

Rückenschmerzen

Nach Kopfschmerzen sind Störungen im Bereich der Wirbelsäule die häufigste Ursache für chronische Schmerzen.

Sie werden unter der Bezeichnung „Rückenschmerzen“ zusammengefasst.

Sie gelten als das Volksleiden Nummer 1. Frauen und Männer sind davon etwa gleich häufig betroffen.

Aktuell werden zwischen 12 bis 30 % der Bevölkerung von Rückenschmerzen geplagt – mit steigender Tendenz in den letzten 20 Jahren, was sich rein medizinisch gesehen schwer erklären lässt.

Insgesamt gehen nur 10 % der Betroffenen zum Arzt. Wirbelsäulenbedingte Schmerzen stehen an zweiter Stelle der Erkrankungen, die zum Arztbesuch führen. In orthopädischen Praxen machen Menschen mit Rückenschmerzen 40 % aller Patienten aus.

Nach einer repräsentativen Befragung leiden rund 90 % aller Deutschen irgendwann einmal an Rückenschmerzen. 43 % gaben an, innerhalb der letzten sieben Tage von Rückenschmerzen geplagt worden zu sein, 15 % sogar täglich.

Volkswirtschaftlich gesehen stellen Rückenschmerzen einen erheblichen Kostenfaktor dar: Sie sind das teuerste Krankheitssymptom und die weitaus häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit nach Tagen und Fällen.

Knapp die Hälfte aller Rehabilitationsmaßnahmen, ein Drittel aller Frührenten und fast ein Drittel aller Arbeitsunfähigkeitstage erfolgten in Deutschland aufgrund von Erkrankungen des Haltungs- und Bewegungssystems.

Erfahrungsgemäß kehren nur 40 % aller Rückenschmerz-Patienten, die länger als sechs Monate im Krankenstand waren, in die Arbeitswelt zurück.

Bei über einjähriger Krankschreibung werden nur 8 bis 15 % der Rückenschmerz-Patienten wieder in den Beruf eingegliedert.

Bei akuten Rückenschmerzen besteht eine gute Prognose mit unkompliziertem Verlauf: 85 bis 90 % der Rückenschmerz-Patienten können innerhalb von 6 bis 8 Wochen durch körperliche Entlastung, Schmerzmittel, Muskelentspannungsmittel und Physiotherapie erfolgreich behandelt werden oder verlieren ihre Schmerzen ohne jede Behandlung.

Bei chronischen Rückenschmerzen, die bei etwa 10 % der Rückenschmerz-Patienten länger als drei Monate andauern, gibt es dagegen viele therapeutische Misserfolge.

Der Rücken ist recht häufig jener Ort, an dem sich die Auswirkungen zahlreicher Belastungen in Form von Schmerzen widerspiegeln.

Psychische Probleme zeigen sich oft in muskulären Verspannungen und Nacken-, Schulter- und Kreuzschmerzen.

Rückenschmerzen sind nur ein Symptom und keine Krankheit. Die Bezeichnung „Rückenschmerzen“ sagt weder etwas Genaues über den Ort noch über die Ursachen der Beschwerden aus.

Die Schmerzen werden häufig punktförmig oder breitflächig im Nacken (25 %), im Brustwirbelbereich (5 %) sowie im Lenden- oder Beckenbereich (70 %) lokalisiert.

Die häufigsten Rückenschmerzen zeigen sich demnach im Nacken (Zervikalsyndrom) und im Lendenbereich (Lumbago), mit oder ohne Ausstrahlung in Arme und Beine.

Der Verlauf der Schmerzen kann akut, rezidivierend oder chronisch sein.

Als akut gelten alle Schmerzen, die weniger als drei Monate andauern; alles darüber hinaus ist chronisch.

Als rezidivierend bezeichnet man Verläufe, bei denen die Schmerzen nach einer Zeit der Besserung erneut in Form von Attacken oder chronischen Krankheitsschüben wiederkehren.

Bei mehr als zwei akuten Schmerzepisoden in einem Jahr spricht man bereits von chronischen Schmerzen.

Nicht selten werden akute Schmerzen chronisch durch die mangelnde Berücksichtigung biopsychosozialer Aspekte sowie durch ungeeignete Therapiekonzepte!

Bei akuten Rückenschmerzen unterscheidet man zwischen radikulären Schmerzen, die durch ein Zusammendrücken der Nervenwurzel, etwa durch einen Bandscheibenvorfall, bedingt sind (z.B. bei der Lumboischialgie), und pseudoradikulären Schmerzen, die auf funktionellen Veränderungen im Bereich der Muskulatur, des Bandscheibenapparates und der Wirbelgelenke beruhen.

Chronische Rückenschmerzen ohne bösartige Ursachen wie etwa Knochenmetastasen haben multifaktorielle Ursachen körperlicher, psychischer und sozialer Art.

Nur etwa 20 % der Rückenschmerzen sind durch eine spezifische Erkrankung bedingt. 80 % der Rückenschmerzen sind unspezifisch und lassen sich nicht durch ernsthafte organische Ursachen erklären, sondern beruhen auf einer Verspannung der Rücken- und Beckenmuskulatur.

Vier Fünftel aller Lumbalsyndrome resultieren aus einer Muskelschwäche als Folge von Bewegungsmangel, Inaktivität, Schonhaltung oder ständiger Überbelastung der Wirbelsäule.

Als nichtorganische Ursachen gelten vor allem bestimmte psychische und soziale Faktoren wie Stress, familiäre oder berufliche Probleme, ständige Überforderung am Arbeitsplatz, Angststörungen, Depressionen und Abhängigkeitserkrankungen, insbesondere aber auch sozioökonomische Faktoren wie niedriges Bildungsniveau, geringes Einkommen und die im Hilfsarbeiterbereich oft gegebene schwere körperliche Betätigung.

Wegen ihrer Rückenschmerzen entwickeln die Betroffenen oft bestimmte Einstellungen und Verhaltensweisen: Selbstwertprobleme, Gefühle von Hilflosigkeit, depressive Verstimmung, Schonhaltung, Vermeiden unangenehmer Tätigkeiten, Doctor-Shopping und ständiges Klagen und Jammern.

Bei chronischen Rückenschmerz-Patienten konnte ein typisches emotionales Aktivierungsmuster nachgewiesen werden: Sie reagierten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe auf emotional bedeutsame Stressoren mit einer beidseitigen starken Muskelverspannung im Lendenwirbelbereich, besonders stark auf der linken Seite – ein Befund, der bei Schmerzpatienten immer wieder auftritt.

Organmedizinisch ausgerichtete Erklärungsmodelle im Sinne einer „verschlissenen“ oder „vorzeitig verbrauchten“ Bandscheibe oder Wirbelsäule führen häufig nur zu einer weiteren organischen Krankheitsfixierung, die mit einem ärztlich legitimierten übermäßigen Schonverhalten sowie einer unnötigen Einschränkung des früheren Lebensstils einhergeht.

Gerade das Gegenteil ist aber sinnvoll: Trotz der Schmerzen sollten körperliche Betätigungen unbedingt in Maßen wieder aufgenommen werden, um eine „lebensfeindliche“ Schonhaltung erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Bei verkürzten Muskeln durch chronische Überspannung ist kein Entspannungstraining, sondern eine gezielte Dehnung angebracht.

Dazu sind auch Übungen sehr wichtig, die zur Stabilisierung der Wirbelsäule und Aufrechterhaltung des Gleichgewichts beitragen.

Die Betroffenen eignen sich nämlich im Laufe der Zeit eine recht ungünstige Körperhaltung an: Sie schieben den Rumpf nach vorne, lassen die Schultern hängen und verdrehen das Becken.

Doch auch im Ruhestadium weisen sie oft noch lange Zeit eine erhöhte Muskelanspannung auf, ohne dass ihnen dies überhaupt auffällt, sodass sie ein entsprechendes Entspannungstraining benötigen.

Problematisch sind vorzeitige Empfehlungen zu einer Bandscheibenoperation, wie dies zumindest früher häufig der Fall war.

Viele Patienten leiden oft auch nach diesem Eingriff unter Rückenschmerzen, manchmal sogar heftiger als zuvor. Wegen der hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung chronischer Rückenschmerzen sind multimodale Behandlungsprogramme wichtig, die einer Verbesserung der Berufsfähigkeit und der Lebensqualität dienen.

Dabei werden somatische, psychische und soziale Aspekte gleichermaßen berücksichtigt.

Neben Schmerzmitteln, physikalischer und manueller Therapie sind eine regelmäßige Rückengymnastik, eine stufenweise körperliche Aktivierung, eine angeleitete sportliche Betätigung, ein dosiertes Arbeitstraining, eine bessere soziale Reintegration, eine gezielte Einübung von Entspannungstechniken, eine umfassende Aufklärung (Psychoedukation) über den Umgang mit chronifizierten Rückenschmerzen und eine Änderung der Denkmuster in Richtung von mehr Eigenverantwortung statt Fremdverantwortung erforderlich.

Pseudoradikuläre Schmerzen

„Pseudoradikulär“ bedeutet, dass sich die Schmerzen ähnlich dem Verlauf eines radikulären Innervationsgebietes (das heißt ähnlich der tatsächlichen Versorgung eines bestimmten Areals mit Nerven) ausbreiten und damit eine Lähmung der Nervenwurzel nachahmen.

Bei genauer Untersuchung ist aber keine Schädigung einer Nervenwurzel zu finden.

Die häufigsten Ursachen sind Abnützungserscheinungen und funktionelle Veränderungen im Bereich der Bandscheiben, der kleinen Wirbelgelenke und im Halte- und Stützapparat der Wirbelsäule, das heißt in den Muskeln und Bändern.

Pseudoradikuläre Schmerzen haben ihre Ursache also meistens in den Muskeln; sie sind charakterisiert durch eine reflektorische Muskelverspannung, eine Verkürzung der tonischen Muskulatur (Haltemuskulatur) durch eine dauerhafte Überbeanspruchung und eine Schwächung der phasischen Muskulatur (zuständig für Schnellkraft und Flexibilität).

Zervikale Schmerzsyndrome

Zervikale Schmerzsyndrome beziehen sich auf Beschwerden in der Halswirbelsäule, bekannt auch als Nackenschmerzen.

Während akute schmerzhafte Beeinträchtigungen der Halswirbelsäule meist die Folge bewegungs- oder belastungsbedingter Gewebeschädigungen mit reflektorischen Muskelverhärtungen sind, kommen bei chronischen Zuständen neben Haltungsschäden und berufsbedingten Zwangshaltungen auch psychische und psychosoziale Faktoren als verschärfende Bedingungen hinzu, die den bereits vorhandenen Schmerz über eine zusätzliche Muskelverspannung im Nacken verstärken.

Die Schmerzen können vom Nacken in den Schultergürtel oder bis zum Kopf ausstrahlen, wo man ein Brennen und Ziehen wahrnimmt.

Lumbago

Bei Lumbago handelt es sich um akute oder chronische Schmerzen im Lendenwirbelbereich ohne radikuläre Ausstrahlung, das heißt ohne Beeinträchtigung der Nervenwurzeln. Lumbago ist keine Erkrankung der Bandscheiben!

Lumbago ist das häufigste Krankheitsbild in der Hausarztpraxis.

Das Schmerzbild kann sehr vielfältig sein und reicht von heftigen und plötzlich einsetzenden Schmerzen, die lokal in die Lendenregion einschießen, bis hin zu dumpfen, schlecht lokalisierbaren ein- oder beidseitigen Schmerzen mit Ausstrahlung in das Gesäß und die Beine.

Die Schmerzen können akut oder chronisch auftreten und werden vor allem auch in der Nacht gegen den frühen Morgen hin sehr schlimm.

Beim Betasten spürt man eine Muskelverhärtung; die Haut über der Muskulatur lässt sich kaum mehr verschieben. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule ist wie bei einem Bandscheibenvorfall stark eingeschränkt und führt zu einer körperlichen Fehlhaltung, wodurch – ein Teufelskreis – zusätzlich massive Kreuzschmerzen auftreten können.

Die schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der Hüften zeigt sich bei den Betroffenen bereits beim Abbiegen der Beine im Liegen.

Bei der Chronifizierung spielen viele Faktoren mit, vor allem auch psychosoziale Umstände.

Die Betroffenen, deren Symptomatik oft wechseln kann, gehen häufig zu unterschiedlichen Ärzten, bestehen bei fehlendem oder nur geringem körperlichem Befund auf einer neuerlichen apparativen Diagnostik, fühlen sich nach Operationen gewöhnlich nicht besser, nehmen oft erfolglos alle möglichen Medikamente ein und steigern diese bis zur Abhängigkeit.

Sie sprechen aber auch auf Physiotherapie nicht an und schränken ihr Leben immer mehr ein, bis sich schließlich alles um die Rückenschmerzen dreht.

Rheumatische Schmerzen

Unter Rheuma, wie die entsprechenden Erkrankungen umgangssprachlich zusammengefasst werden, versteht man Schmerzen im Bereich der Knochen, Gelenke, Muskeln und Sehnen.

Es handelt sich um eine schmerzhafte Störung des Bewegungs- und Stützapparats, bei der von diffusen Spannungsgefühlen bis zu dauerhaften, stechenden Schmerzen alle möglichen Varianten bestehen können.

Die Ursachen liegen in einer Entzündung, die oft von der Gelenkinnenhaut ausgeht und dann auf Knorpel und Knochen übergeht.

Dabei wiederum handelt es sich um eine genetisch bedingte Störung des Immunsystems (Autoimmunstörung).

Der rheumatische Formenkreis umfasst etwa 100 verschiedene Erkrankungen.

Drei Beispiele sollen die vielfältigen Möglichkeiten rheumatischer Erkrankungen verdeutlichen: Die Entzündungen betreffen etwa bei der Polyarthritis (poly = viel) zahlreiche Gelenke, beim Morbus Bechterew vor allem die Wirbelsäule und beim Weichteilrheumatismus die Muskeln und Sehnen.

Die Bezeichnung „Rheuma“ enthält das griechische Wort für „fließen“; dadurch soll zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich dabei um einen wandernden, fließenden Schmerz handelt.

Alle chronisch verlaufenden, mit Schmerzen und Funktionseinschränkungen verbundenen Krankheitsbilder des Bewegungs- und Stützapparats werden zunehmend dem rheumatischen Formenkreis zugeordnet.

Etwas grob und ungenau, aber pragmatisch durchaus nützlich kann man drei Arten von rheumatischen Erkrankungen unterscheiden: degenerative Gelenkerkrankungen, entzündliche Gelenkerkrankungen und Weichteilrheumatismus. Rund 90 bis 95 % aller rheumatischen Erkrankungen zählen zum Bereich der degenerativen und weichteilrheumatischen Beschwerden.

Die degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen (Arthrosen) betreffen vor allem die Gelenke der Extremitäten und der Wirbelsäule sowie die Bandscheiben.

Die Gelenkveränderungen sind meist die Folge von Verschleiß oder körperlichen Verletzungen.

Die entzündlichen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen (Arthritiden) umfassen beispielsweise die Spondylarthritis (mit dem Morbus Bechterew – heute ankylosierende Spondylitis genannt – und seiner allmählichen Versteifung der Wirbelsäule als bekanntester Unterform), die reaktive Arthritis, die Kollagenkrankheiten und die rheumatoide Arthritis (oder chronische Polyarthritis), wobei letztere am häufigsten in psychosomatischem Zusammenhang erwähnt und untersucht wurde.

Alle entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sind nicht nur Erkrankungen der Gelenke, sondern immer systemische, das heißt alle Organsysteme betreffende Krankheitsbilder.

Der Weichteilrheumatismus umfasst schmerzhafte Zustände an Muskeln und Sehnen, Bändern und Sehnenansatzteilen und zeigt sich am häufigsten als Muskelverspannung, Schulter-Arm-Syndrom, Halswirbelsäulensyndrom, Lendenwirbelsäulensyndrom und chronische Rückenschmerzen.

Rheumatoide Arthritis

Die rheumatoide Arthritis wird häufig auch als chronische Polyarthritis oder primär chronische Polyarthritis bezeichnet und kommt bei rund 1 % der Bevölkerung sowie bei Frauen dreimal so häufig wie bei Männern vor.

Es handelt sich um eine Systemerkrankung des Bindegewebes mit unbekannter Ursache und erblicher Komponente und betrifft vor allem den Bewegungsapparat.

Es besteht eine chronische Entzündung der Gelenkinnenhaut, vor allem der Finger-, Zehen- und Handgelenke, die allmählich zu Fehlstellungen, Verformungen der Gelenke und schließlich zum totalen Funktionsverlust führt.

Eine rheumatoide Arthritis ist dann gegeben, wenn vier der folgenden sieben Kriterien vorhanden sind: Morgensteifigkeit, Schwellungen in mindestens drei verschiedenen Gelenkregionen, Schwellungen von Hand- und Fingergelenken, symmetrische Schwellungen bei verschiedenen Gelenken, Knoten unter der Haut, Rheumafaktoren, röntgenologisch nachweisbare Veränderungen an den Händen.

Als Folge der entzündlich-zerstörenden Veränderungen im Gelenkbereich kommt es zu ausgedehnten Funktionsbeeinträchtigungen.

Die Symptome setzen gewöhnlich schleichend ein und charakteristischerweise symmetrisch an den kleinen Gelenken, vor allem der Finger, und gehen mit Schmerzen, Schwellungen und typischer Steifheit am Morgen einher. Im Laufe der Zeit werden zunehmend auch die großen Gelenke wie etwa Hüfte oder Schulter in Mitleidenschaft gezogen.

Die Krankheit beginnt mit einer Entzündung der Gelenkschleimhaut, die möglicherweise eine Reaktion auf einen Immunprozess gegenüber äußeren Reizen (möglicherweise Viren) darstellt.

Dabei werden Gewebe zerstörende Enzyme freigesetzt, die einen Abbau von Knochen und Knorpel bewirken.

Das Gewebe, das sich in den Gelenkhöhlen einlagert, führt zu Verwachsungen und teilweiser Neubildung von Knochen.

Der Krankheitsverlauf erfolgt gewöhnlich in Schüben mit Besserungen, langfristig aber mit einer chronischen Verschlechterung.

Weil jeder Schub irreversible Schäden hinterlässt, werden die Verformungen der betroffenen Gelenke immer mehr und die Funktionseinschränkungen immer größer.

Bei rund 80 % der Patienten findet man die so genannten Rheumafaktoren (das sind Antikörper gegen die eigenen Immunglobuline), die einen Hinweis auf die Schwere und die weitere Entwicklung der Krankheit geben, bei einem Drittel so genannte „Rheumaknötchen“ (Knötchen unter der Haut).

Eine rheumatoide Arthritis kann in jedem Alter einsetzen, vor allem jedoch im höheren Alter zwischen dem 4. und 6. Lebensjahrzehnt, und führt nach zwei Jahrzehnten bei der Hälfte der Erkrankten zur Arbeitsunfähigkeit.

Von der organmedizinischen Seite her werden drei Ursachenbereiche diskutiert, nämlich Autoimmunstörung, Infektionserkrankung und Vererbung, wofür es jeweils Belege gibt.

Die psychologischen Erklärungsmodelle sind dagegen als Spekulationen ohne ausreichende empirische Absicherung anzusehen.

Trotz unbekannter Ursache der Krankheit können psychologische Interventionen in Form von Patienteninformation, Krankheitsbewältigung, Entspannungstechniken, Schmerzbewältigungstraining, Stressmanagement, Änderung von leistungsorientierten Denkmustern oder familienbezogener Unterstützung hilfreich sein, doch ist auch dies wissenschaftlich noch unzureichend belegt.

Fibromyalgie

Die Bezeichnung „Fibromyalgie“ enthält die lateinisch-griechischen Wortwurzeln fibra (Fasern), mys (Muskel) und algos (Schmerz).

Bereits daraus ist erkennbar, dass hier schmerzende Muskeln im Vordergrund stehen. Die Fibromyalgie ist ein nichtentzündliches, generalisiertes und chronisches Schmerzsyndrom im Bereich der Muskeln, des Bindegewebes und um die Gelenke herum.

Gleichzeitig bestehen immer auch vegetative und funktionelle Störungen wie Magen-, Darm-, Blasen-, Atem-, Herz- und Menstruationsbeschwerden, Schwitzen und Ohrensausen.

Das Hauptmerkmal ist eine unklare zentralnervös bedingte Erniedrigung der Schmerzschwelle (Schmerzüberempfindlichkeit), möglicherweise verursacht durch eine defekte Schmerzunterdrückung.

Es gibt gegenwärtig keine laborgestützten Befunde für eine gesicherte Diagnose.

Wegen der bisher fehlenden eindeutigen Ursachen handelt es bei der Fibromyalgie um keine bestimmte Krankheit, sondern um ein Syndrom.

Die Fibromyalgie ist keine seltene Krankheit, sondern je nach Land und Untersuchungskriterien mit 1 bis 4 % in der Bevölkerung durchaus häufig.

2 bis 6 % aller Hausarzt-Patienten sind davon betroffen, unter den Patienten von Orthopäden und Rheumatologen ist der Anteil mit 6 bis 20 % noch höher.

Die Beschwerden treten schwerpunktmäßig zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf, kommen aber auch bei Kindern und älteren Menschen vor.

Die Erkrankung beginnt gewöhnlich gegen Ende 30 und ist Mitte 40 voll entwickelt (es gibt ein Vorlaufstadium bis zu sieben Jahren).

80 bis 90 % der Betroffenen sind Frauen. Die größte Krankheitsgruppe sind Frauen über 35 Jahre.

Der Begriff „Fibromyalgie“ ist durch folgende Kriterien definiert:

Chronische (länger als drei Monate andauernde) generalisierte Schmerzen in mindestens drei Bereichen.

Schmerzen in der rechten und linken Körperhälfte, oberhalb und unterhalb der Taille sowie in den Gliedmaßen.

Erhöhte Druckempfindlichkeit (Schmerzen) bei Tastuntersuchung an 11 von 18 typischen und genau definierten Druckpunkten (es gibt jeweils 9 Druckpunkte auf jeder Körperhälfte) bei einem Fingerdruck von bis zu 4 kg. Bei der Fibromyalgie sind einzelne Muskel-Sehnen-Übergänge besonders schmerzhaft, die deshalb als Schmerzpunkte bezeichnet werden.

Häufig Begleitsymptome, aber nicht unbedingt erforderlich, z.B. diffuse muskulo-skelettale Schmerzen, generalisierte Muskelschmerzen, Schwellungsempfindungen, Wassereinlagerungen, Morgensteifigkeit, Müdigkeit, Erschöpfung, verminderte Belastbarkeit, Schlafstörungen, Reizdarmsyndrom, Globusgefühl, funktionelle Herz- und Lungenbeschwerden, Mundtrockenheit, Körpermissempfindungen, Schmerzen beim Harnlassen oder während der Menstruation, vermehrtes Schwitzen, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen und depressive Zustände.

Die Schmerzen sind gewöhnlich schwer zu lokalisieren.

Sie sind anfangs auf einige Körperteile begrenzt und zwar auf den Hals- und Lendenbereich, im Laufe der Zeit erstrecken sie sich jedoch über den ganzen Körper, verbunden mit einer Ausweitung der Symptome, wobei auch Steifigkeitsgefühle und andere Missempfindungen auftreten.

Das Krankheitsbild entwickelt sich also über einen längeren Zeitraum.

Die Schmerzen werden als andauernd, dumpf, quälend, scharf oder ausstrahlend erlebt.

Durch Ablenkung, Urlaub und Freizeitaktivitäten kann die Schmerzsymptomatik abnehmen oder vorübergehend sogar völlig verschwinden.

Durch Angst, Stress, Schlafstörungen, körperliche Aktivität, Kälte, Nässe und Wetterumschwünge wird sie verstärkt.

Die Fibromyalgie führt trotz ihres chronischen Charakters niemals zu körperlichen Veränderungen der Gelenke oder anderer Organe.

Die Laboruntersuchungen sind generell eher unauffällig, größere Abweichungen von den Normwerten sind nicht feststellbar.

Die Diagnose einer Fibromyalgie darf nur nach Ausschluss anderer Erkrankungen (z.B. Rheuma) gestellt werden.

Im Falle weiterhin unauffindbarer Ursachen ist das Syndrom nach Auffassung verschiedener Experten zur anhaltenden somatoformen Schmerzstörung zu zählen, was von anderen Fachleuten heftig kritisiert wird.

Angesichts der unterschiedlichen Sichtweisen ist auf den folgenschweren Umstand hinzuweisen, dass daraus auch eine unterschiedliche Beurteilung der Berufsfähigkeit der Betroffenen resultiert.

Beim derzeitigen Stand der Forschung ist jedenfalls nicht klar, was wirklich als Ursache der Störung oder bloß als Folge bisher unbekannter Ursachen anzusehen ist.

Wegen der bisher fehlenden eindeutigen Ursachen handelt es bei der Fibromyalgie um keine bestimmte Krankheit, sondern um ein Syndrom.

In der klinischen Praxis ist daraus häufig eine Verlegenheitsdiagnose geworden, die bestimmten Schmerzpatienten eine vermeintlich eindeutige Identität verleiht.

Allerdings konnten bei Fibromyalgie-Patienten psychosoziale Belastungsfaktoren und kritische Lebensereignisse wie etwa sexuelle oder körperliche Traumatisierungen gefunden werden, was aber noch nicht deren kausale Bedeutung beweist.

90 % aller Fibromyalgie-Patienten erfüllen die Kriterien für mindestens eine psychische Störung (vor allem Depressionen, Angststörungen und somatoforme Störungen).

Das Fibromyalgie-Syndrom hat aufgrund der weiten Verbreitung, des ungünstigen Verlaufs und der häufigen Folgen wie Arbeitsunfähigkeit und Frühpensionierungen eine große sozialmedizinische und volkswirtschaftliche Bedeutung.

Die Betroffenen nehmen im Vergleich zu rheumatischen Patienten auch deutlich mehr Behandlungen in Anspruch.

Die Störung lässt sich zwar durch Medikamente vorübergehend mildern und durch Psychotherapie günstig beeinflussen, aber bislang jedoch nicht heilen.

Eine völlige Symptomfreiheit ist derzeit unrealistisch, als vorrangiges Ziel gilt die Linderung der Schmerzen und die Verbesserung der Bewältigungs-, Funktions- und Arbeitsfähigkeit.

Myofasciales Schmerzsyndrom

Das myofasciale Schmerzsyndrom im weiteren Sinne umfasst alle Schmerzsyndrome des Bewegungsapparates, die ihren Ursprung außerhalb der Gelenkskapsel und des Knochens haben und keine entzündlich-rheumatische oder neurologische Ursache aufweisen.

Es handelt sich meist um regionale Schmerzsyndrome.

Das myofasciale Schmerzsyndrom im engeren Sinne weist dagegen bestimmte Druckpunkte auf, die jedoch anders charakterisiert sind als beim Fibromyalgie-Syndrom:

Die Schmerzen beziehen sich auf bis zu drei Quadranten des Körpers, die Muskelschmerzen weisen eine lokale Ausdehnung auf (bei der Fibromyalgie handelt es sich dagegen um diffuse Schmerzen in mehreren Regionen), die Druckpunkte entsprechen einer tastbaren Muskelverhärtung der Muskulatur von Armen und Beinen, die einer Überkontraktion von Muskelfaserbündeln entspricht (bei der Fibromyalgie ist dagegen nur die erniedrigte Druckschmerzschwelle charakteristisch).

Die Überbeanspruchung der Muskeln kann beim myofascialen Schmerzsyndrom neben vielen anderen Faktoren auch durch Stress und Anspannung in Verbindung mit psychosozialen Problemen bedingt sein.

Tumorschmerzen

Bei Tumorerkrankungen kann man drei Ursachen von Schmerzen unterscheiden:

tumorbedingt: Bindegewebsschmerzen, Knocheninfiltrationen und Metastasen, Eingeweide- und Nervenschmerzen,

therapiebedingt: Chemotherapie, Bestrahlung, chirurgische Eingriffe,

tumorunabhängig: funktionelle myofasciale Schmerzsyndrome, teilweise als Folge tumorbedingter Behinderungen und Schonverhaltensweisen.

Mehr als die Hälfte der Tumor-Patienten leidet unter psychischen Störungen.

Angesichts dieser Aspekte sind neben den üblichen medizinischen Schmerztherapien auch psychologisch-psychotherapeutische Interventionsstrategien erforderlich.

Psychosomatische Konzepte

Psychologische Faktoren

Angesichts der Vielfalt der Schmerzen und Schmerzstörungen gibt es keine universell gültigen psychologischen Erklärungskonzepte und infolgedessen auch keine allgemein verbindlichen psychologisch-psychotherapeutischen Behandlungsanleitungen.

Verschiedene psychosomatische Konzepte der Vergangenheit sind jedenfalls als überholt anzusehen, weil sie das biopsychosoziale Krankheitskonzept und das Konzept der Autoimmunstörung nicht adäquat berücksichtigen:

Eine unterdrückte Feindseligkeit ist weder bei Migräne noch bei der rheumatoiden Arthritis die entscheidende Krankheitsursache, wie dies etwa der Psychoanalytiker Alexander mit dem Hinweis auf psychisch bedingte chronische Muskelverspannungen behauptet hatte.

Es gibt keine bestimmte Schmerzpersönlichkeit und auch keine typische Persönlichkeitsstruktur des Spannungskopfschmerz-, Migräne- oder Krebs-Patienten! Entsprechende Ähnlichkeiten sind eher Folge als Ursache der Erkrankung. Eigenschaften wie ehrgeizig, erfolgsorientiert, überordentlich, perfektionistisch, ausdauernd, leicht irritierbar und kränkbar sind nicht als krankheitsspezifisch anzusehen, wenngleich diese im Einzelfall krankheitsverschärfend wirken können.

Faktum dagegen ist: Patienten mit einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung haben in der Kindheit oft eine hohe Gewaltbereitschaft der Eltern untereinander und ihnen gegenüber erlebt.

Häufig bestanden weitere ungünstige Lebensbedingungen wie etwa niedriger sozioökonomischer Status, geringe Schulbildung der Eltern, große Familien und enger Wohnraum, chronische Disharmonie in der Familie, psychische Störungen eines Elternteils, allein erziehende Mutter oder Verlust der Mutter, sexuelle oder körperliche Gewalt, unsicheres Bindungserleben nach dem ersten Lebensjahr, häufiger Wechsel der frühen Bezugspersonen.

Psychologische Erklärungsmodelle für nichtorganische Schmerzen in verschiedenen Körperregionen beruhen gewöhnlich auf der Annahme einer chronischen muskulären Verspannung als Folge von Stress oder Ärger und bestimmten psychischen und psychosozialen Faktoren.

Unabhängig von der Ursache führen Schmerzen zu einer reflexhaften Anspannung der jeweiligen Muskelpartie, was erneuten Schmerz bewirkt, der weitere Muskelanspannung zur Folge hat. Dies begünstigt den Teufelskreis von Muskelanspannung und Schmerz.

Schmerzpatienten haben eine erhöhte Tendenz, auf Belastungen mit Muskelanspannung zu reagieren und länger verspannt zu bleiben als andere Personen.

Menschen mit Spannungskopfschmerzen haben eine ständige emotional und stressbedingte Verspannung der Schulter-Nacken-Muskulatur, oft auch der Stirnregion. Im Rahmen der anhaltenden Anspannung wird die Muskulatur um die Blutgefäße herum angespannt, sodass die Blutgefäße zusammengedrückt werden und das Gewebe infolge der Minderdurchblutung weniger Sauerstoff erhält.

Das verursacht ebenso Schmerzen wie der Umstand, dass dadurch die Stoffwechselschlacken nicht ausreichend abtransportiert werden können.

Das Modell der chronischen Muskelverspannung als Erklärung für nichtorganische Schmerzen ist sehr einleuchtend, kann aber nicht alle Formen von Spannungskopfschmerzen erklären.

Das Konzept der klassischen Konditionierung von muskulärer Anspannung und Schmerz erklärt nichtorganische Schmerzen folgendermaßen:

Schmerzen führen zu reflexhaften Muskelverspannungen und verstärkter Aktivierung des sympathischen Nervensystems; die erhöhte Muskelanspannung und Aktivierung bewirkt oder verstärkt die Schmerzen.

Diese körperlichen Vorgänge können nun mit neutralen Reizen gekoppelt werden, die während der schmerzauslösenden Situation vorhanden waren, sodass im Laufe der Zeit diese Reize allein bereits Schmerzen auslösen können.

Beispielsweise leiden Patienten mit einem Schleudertrauma oft noch jahrelang nach dem Unfall unter einer deutlich erhöhten Verspannung der Hals- und Nackenmuskulatur und reagieren in diesen Muskelgruppen überaus stark, wenn sie sich plötzlich in einer ähnlichen Situation wie damals befinden.

Patienten mit Rückenschmerzen reagieren auf Stressreize mit einer stärkeren Verspannung der lumbalen Muskulatur als gesunde Menschen.

Bei entsprechender Veranlagung, die durch genetische Faktoren, Lernprozesse und Traumata erworben wurde, kann ständiger Stress eine Überaktivität in bestimmten Muskelgruppen bewirken.

Die im Laufe der Zeit daraus resultierenden Schmerzen können durch Konditionierung chronisch werden.

Schmerzen können auch durch positive Verstärker wie etwa vermehrte Zuwendung des Partners, Schonung und bestimmte Vorteile durch die Krankheit aufrechterhalten werden.

Die ständige Konzentration auf die Schmerzen verstärkt das Schmerzerleben.

Die Vernachlässigung äußerer Anregungen (Auseinandersetzung mit der Umwelt) zugunsten der Zuwendung auf die inneren (körpereigenen) Reize führt dazu, dass die Schmerzen intensiver erlebt werden und eine depressive Entwicklung begünstigt wird, weil zunehmend die Lebensfreude verloren geht.

Sehr negative Auswirkungen haben vor allem die Gefühle der Hilflosigkeit, der Hoffnungslosigkeit und des Kontrollverlusts über die Bedingungen, die den Schmerz verstärken.

Es ist mittlerweile erwiesen, dass eine Depression vorhandene Schmerzen intensivieren kann, sodass sich Schmerzen und depressive Symptomatik gegenseitig hochschaukeln können.

Die Spirale von Verspannung und Schmerzen, von Schmerzen und Depression sowie von ängstlicher Erwartung von Schmerzen und daraus folgender Zunahme der muskulären Verspannung begünstigt eine immer stärkere Einengung auf das Schmerzerleben, die aus therapeutischer Sicht unbedingt durchbrochen werden muss.

Der individuelle Umgang mit Schmerzen ist geprägt durch die Persönlichkeit vor der Erkrankung, frühere Schmerzerfahrungen und deren Bewältigung, lebensgeschichtliche Faktoren, die aktuelle psychische Befindlichkeit, die psychosoziale Lebenssituation und die persönlichen Krankheitskonzepte.

Bestimmte Denkmuster erhöhen die Anspannung und damit den Schmerz: „Ich halte das nicht mehr aus“; „Alles wird immer schlimmer“; „Ich bin ein hoffnungsloser Fall“, „Ich muss auf jeden Fall durchhalten und alles schaffen wie bisher“.

Der jeweilige Gefühlszustand beeinflusst die Art des Schmerzerlebens. Negative Gefühle wie Ärger, Wut oder Traurigkeit verstärken den Schmerz, positive Gefühle wie Freude, Glücksgefühle und Zufriedenheit machen den Schmerz erträglicher.

Der krankheitsverstärkende Einfluss von Stress und krisenhaften Lebensereignissen bei zahlreichen Schmerzstörungen beruht auf den engen Zusammenhängen von Stress und Immunsystem, die zukünftig noch genauer erforscht werden müssen.

Therapeutische Aspekte

Die Diagnose und Behandlung einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung erfordert eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit, wobei alle Experten ein biopsychosoziales Schmerzverständnis haben sollten, um unnötige Konkurrenz oder Fehlzuweisungen zu vermeiden.

Auch bei der Therapie chronischer Schmerzen mit primär organischen Ursachen ist eine intensive Zusammenarbeit der verschiedenen therapeutischen Helfer unbedingt erforderlich.

Ein Beispiel dafür ist der Bereich der Krebserkrankungen, der unter dem Begriff der Psychoonkologie eine große Bedeutung gewonnen hat.

Psychologische Behandlungskonzepte bei Schmerzpatienten erfordern und fördern die aktive Mitarbeit der Patienten, die anfangs aufgrund ihres organmedizinisch ausgerichteten Schmerzmodells insofern oft eine passive Haltung aufweisen, als sie erwarten, dass etwas mit ihnen gemacht wird. Tatsächlich jedoch geht es darum, den Patienten zum besseren Manager seiner Schmerzen zu machen.

Das Ziel einer psychologischen Schmerzbewältigungstherapie ist nicht die Beseitigung der chronischen Schmerzen, sondern der Aufbau von Selbstkompetenz im Umgang mit den Schmerzen und ihren Folgen, das heißt eine verbesserte Schmerzkontrolle. Als Motto gilt nicht „Wie werde ich den Schmerz los?“, sondern „Wie kann ich besser damit leben und umgehen?“

Eine erfolgreiche Schmerzbewältigungstherapie erfordert eine genaue Analyse und bestmögliche Veränderung der krankheitsverstärkenden Bedingungen.

In der psychologisch-psychotherapeutischen Behandlung, vor allem jedoch in verhaltensmedizinisch orientierten Behandlungsprogrammen, kommen je nach Bedarf verschiedene Therapiebausteine zum Einsatz:

Patientenschulung (Psychoedukation, Krankheitsmanagement).

Es werden Informationen über das biopsychosoziale Krankheitsverständnis (Zusammenhänge zwischen Schmerz, Psyche und Lebenssituation), über psychologische Schmerzmodelle, über den Teufelskreis von Verspannung, Schmerzen, Angst und Depression, über die konkrete Schmerzstörung nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft, über die Bedeutung von Aktivität trotz Schmerzen sowie über schmerzverstärkende Denk- und Verhaltensmuster vermittelt und Möglichkeiten zur besseren Krankheitsbewältigung gesucht. Dabei ist stets auch am Aufbau einer entsprechenden Behandlungsmotivation zu arbeiten, die nicht vorausgesetzt werden darf, sondern meist erst entwickelt werden muss. Die Betroffenen müssen auch genau über die Möglichkeiten und Gefahren der verschiedenen Schmerzmittel informiert werden.

Selbstbeobachtung.

Die Patienten lernen durch Aufzeichnungen in einem Schmerztagebuch, die dem Schmerz vorausgehenden und nachfolgenden Bedingungen zu erkennen; sie beobachten täglich die oft schwankende Schmerzintensität und zu bestimmten Stunden das aktuelle Ausmaß auf einer Skala von 0 bis 10 eintragen.

Verhaltensanalyse.

Es geht dabei um die genaue Erfassung der den Schmerz auslösenden und verstärkenden Faktoren. Aus diesen Erkenntnissen werden Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Situationen, Kognitionen, Emotionen und Verhaltensweisen hergestellt. Die individuellen Therapieziele ergeben sich aus den Wünschen der Betroffenen und den konkreten Möglichkeiten. Oft können nicht die Umstände und Bedingungen, die den Schmerz verstärken, geändert werden, wohl aber die Einstellungen dazu (z.B. persönliches Erleben als Versager, ständige Selbstüberforderung oder mangelnde Abgrenzung gegenüber den Forderungen anderer Personen).

Entspannungstechniken.

Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training, Atemtechniken oder Biofeedback-Training sollen die muskuläre Verspannung und die Minderdurchblutung mildern, die sich aus dem Teufelskreis von Stress, Anspannung und Schmerzen ergeben. Wegen der passiven Zuwendung auf den schmerzenden Körper haben verschiedene Patienten anfangs Schwierigkeiten mit dem Autogenen Training, sodass diesen zuerst andere Entspannungsverfahren angeboten werden sollten. Entspannungsverfahren werden oft mit Vorstellungsübungen wie einer mentalen Reise durch den Körper kombiniert.

Aufmerksamkeitslenkung.

Bei einer externalen Aufmerksamkeitslenkung richtet sich die Aufmerksamkeit auf äußere Reize oder Tätigkeiten, die vom Schmerz ablenken; alle Interventionen dienen dazu, die Aufmerksamkeit vom Schmerz wegzulenken und die Konzentration auf positives Erleben zu fördern. Bei einer internalen Aufmerksamkeitslenkung werden Vorstellungsübungen eingesetzt, um das Schmerzerleben zu überlagern. Die bei vielen Patienten sehr beliebten Phantasiereisen (z.B. ein Waldspaziergang, das Erleben der Natur und ein Aufenthalt am Meer oder in den Bergen) führen durch die Aktivierung aller Sinne zu angenehmen Körpererfahrungen.

Imaginative Therapie.

Schmerzpatienten sollen in einer Art Mentaltraining lernen, sich wieder gesünder vorzustellen, den Weg zur Heilung oder Besserung zu visualisieren und die konkreten körperlichen Heilungsvorgänge intensiv zu imaginieren. Dabei werden bestimmte bildhafte Techniken eingesetzt. Auf diese Weise sollen die Vorstellung von Bewältigbarkeit und die Hoffnung auf Besserung gestärkt werden.

Schmerzfokussierung.

Anstelle der ängstlich-angespannten Körperbeobachtung sollen Schmerzpatienten die Aufmerksamkeit bewusst auf den Schmerz lenken und mit ihm arbeiten. Die Betroffenen lernen dabei, die Schmerzen zuerst zu aktivieren und dann wieder einzugrenzen bzw. auszublenden. Die Patienten erlangen auf diese Weise zunehmend die Kontrolle über ihr Schmerzerleben und fühlen sich diesen durch ihre Übungserfolge nicht mehr so ausgeliefert wie früher.

Hypnose.

Die Möglichkeiten der modernen Hypnotherapie nach Milton H. Erickson werden gegenwärtig in der Schmerztherapie noch zu wenig beachtet. Durch hypnotisch-imaginative Veränderung des Schmerzerlebens und intensive Konzentration auf andere Vorstellungsinhalte kann der Leidensdruck gemildert und der Schmerz durch Vermittlung eines neuen Sinnzusammenhangs (z.B. der Schmerz als Freund oder als Hinweis auf einen sonst unbeachteten Konflikt) leichter angenommen werden. Hypnotherapeutische Vorgangsweisen sind bei Schmerzpatienten jedoch nur dann auf Dauer wirksam, wenn sie nicht als reine Techniken eingesetzt werden, um Schmerzen einfach „wegzumachen“, sondern in einem umfassenderen therapeutischen Kontext angewandt werden.

Kognitive Therapie.

Durch die Analyse der individuellen Denkmuster werden die Einstellungen zur aktuellen Schmerzsituation und die Überzeugungen zu Schmerzen ganz allgemein sowie zur eigenen Person und der sozialen Umwelt erfasst und im Rahmen der Therapie zu ändern versucht. Die Änderung der Denkmuster soll den Betroffenen zunächst die Überzeugung und später die Erfahrung vermitteln, dass sie ihre Schmerzen bis zu einem gewissen Grad beeinflussen können und ihnen nicht hilflos ausgeliefert sind. Erlebnisaktivierende Interventionen vermitteln den Patienten die Bedeutung ihrer Gedanken in Bezug auf das Schmerzerleben und vertiefen die Erkenntnisse der kognitiven Therapie durch konkrete Erfahrungen im Rahmen verschiedener Übungen. Viele Schmerzpatienten mit überhöhten Leistungsidealen („Ich muss immer alles bestens machen“; „Ich muss ganz gesund werden, um alles wieder so wie früher zu schaffen“) müssen ihre Denkmuster ändern, um die vorhandenen Schmerzen zu mildern und unnötige Schmerzen zu vermeiden. Es ist erforderlich, falsche Überzeugungen zu identifizieren („Zuerst muss der Schmerz weg, bevor ich etwas tun kann“) und in nützlichere Gedanken umzuwandeln („Ich kann auch jetzt schon etwas machen und muss nicht abwarten“).

Aktivitätsaufbau.

Viele Schmerzpatienten meiden körperliche Aktivitäten aus Gründen der Schonung und der vermeintlichen Schmerzlinderung. Schonung ist jedoch nur bei akuten Schmerzen sinnvoll, bei chronischen Schmerzen dagegen führt eine unangemessene Ruhigstellung zur Schmerzverstärkung als Folge von Muskelverspannungen, Durchblutungsstörungen und Abbau der betreffenden Muskulatur. Als Therapieziel gilt die Erreichung des maximal möglichen körperlichen und sozialen Aktivitätsniveaus. Ein ausgewogenes körperliches Aktivierungsprogramm soll schrittweise die muskuläre Kapazität steigern, die allgemeine körperliche Fitness und Leistungsfähigkeit verbessern und die Selbstheilungskräfte des Körpers stärken. Durch den Aufbau neuer Aktivitäten und Beschäftigungsmöglichkeiten im Beruf und in der Freizeit wird nicht nur das Schonverhalten abgebaut, sondern auch drohende depressive Reaktion vermieden.

Genusstraining.

Den Umständen entsprechend sollen Schmerzpatienten lernen, bestimmte Dinge wieder zu genießen und dadurch ein besseres Selbstwertgefühl zu entwickeln. Für viele Schmerzpatienten ist das eine Herausforderung: Derselbe Körper, der leidet, verdient es nach wie vor, freudvolle Erfahrungen zu machen!

Veränderung schmerzverstärkender Bedingungen.

Den Schmerz aufrechterhaltende Bedingungen wie zu viel Hilfe vonseiten der Umwelt, übermäßiger Rückzug ins Bett oder unnötige Flucht in den Krankenstand sollen nicht nur erkannt, sondern auch verändert werden.

Problemlösetraining.

Schmerzpatienten sollen angesichts konkreter Probleme, die eine Schmerzsymptomatik verstärken können, bessere Lösungsstrategien entwickeln lernen. Diese Probleme sind durch die Zunahme der Schmerzen im Laufe der Zeit oft völlig aus dem Blickpunkt geraten und müssen einer konstruktiven Lösung zugeführt werden.

Stressbewältigungstraining.

Schmerzpatienten benötigen oft einen anderen Umgang mit Stress, um die Schmerzen nicht durch ungünstige Denkmuster und unnötige Verspannung zu verschärfen. Die Betroffenen müssen vor allem lernen, pro Zeiteinheit weniger zu tun und Pausen einzulegen, um nicht stets durch verstärkte Schmerzen zur Beendigung der jeweiligen Tätigkeit gezwungen zu werden.

Soziales Kompetenztraining.

Die Verbesserung sozialer Fertigkeiten soll dazu beitragen, dass sich Schmerzpatienten von ihrer Umwelt besser abgrenzen lernen und ihre Schmerzen nicht durch ständige Überforderung im Beruf, in der Familie und im Bekanntenkreis verstärken. Zahlreiche Schmerzpatienten haben Schwierigkeiten, mit Kritik angemessen umzugehen, eigene Kritik zu äußern und sich Angehörigen gegenüber angemessen durchzusetzen und abzugrenzen.

Emotionales Training.

Gefühle können buchstäblich schmerzen. Schmerzpatienten müssen lernen, ihre Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken, anstatt nur über die daraus resultierenden körperlichen Verspannungen und Schmerzen zu klagen.

Einbeziehung von Bezugspersonen.

Durch die Einbindung der Familienmitglieder sollen die Behandlungsfortschritte im familiären Alltag gesichert werden. Die Angehörigen sollen im Rahmen einer Psychoedukation über Schmerzstörungen informiert werden und dabei lernen, die Schmerzen des Patienten weder herunterzuspielen noch überzubewerten und so auf konstruktive Weise bei der Bewältigung der Schmerzen zu helfen. Sie sollen die Schonhaltung des Schmerzkranken nicht durch übermäßige Hilfe und Unterstützung verstärken, sondern seine Selbstständigkeit fördern.

Partner- und familienbezogene Interventionen.

Bei Bedarf müssen auch Konfliktsituationen in der Familie oder in der Partnerschaft mit therapeutischer Unterstützung besser bewältigt werden, um den psychosozialen Dauerdruck zu verringern.

Bearbeitung traumatischer Erlebnisse.

Im Falle sexueller und körperlicher Traumatisierungen oder bei unbewältigten Erlebnissen nach lebensbedrohlichen Unfällen oder schwerwiegenden Operationen ist oft auch eine entsprechende Bearbeitung durch eine emotionale und kognitive Verarbeitung erforderlich, um wieder intensiver in der Gegenwart leben zu können. Hier ist letztlich eine günstige Beeinflussung des Schmerzgedächtnisses angezeigt, das vergangene Erfahrungen schmerzvoll immer wieder als gegenwärtig vermittelt.

Rückfallsprophylaxe.

Das Ausmaß der Schmerzen unterliegt durchaus Schwankungen. Nach einer Phase der Besserung können bestimmte psychosoziale Belastungen zu einer Verschlechterung führen. Die Betroffenen sollen auf mögliche Rückfälle vorbereitet werden, damit sie angemessen damit umgehen lernen.

Bei chronifizierten Schmerzen führt ein derartiges Behandlungsangebot gewöhnlich nicht zur Heilung, die daher auch nicht versprochen werden sollte. Dennoch kann viel erreicht werden: eine verstärkte Eigenverantwortlichkeit, eine höhere Autonomie, eine verbesserte Lebensqualität und die Entlastung der Bezugspersonen.