Resilienz

Als Resilienz

bezeichnet man in der Psychologie die Fähigkeit zu Belastbarkeit und innerer Stärke. Vor allem in der therapeutischen Arbeit wird verstärkt Wert darauf gelegt, Resilienz auszubilden und damit psychischen Störungen und anderen persönlichen Problemen vorzubeugen. Resilienz ist die Eigenschaft, auch nach elementaren Krisen rasch in einen seelischen Normalzustand zurückzukehren, wobei man von einer Fähigkeit ausgeht, die prinzipiell jeder erlernen und trainieren kann. Resilienz bezeichnet zunächst in der Entwicklungspsychologie die Widerstandsfähigkeit von Kindern, sich trotz belastender Umstände und Bedingungen normal zu entwickeln. Ganz allgemein betrachtet ist Resilienz die Fähigkeit von Menschen, auf wechselnde Lebenssituationen und Anforderungen in sich ändernder Situationen flexibel und angemessen zu reagieren und stressreiche, frustrierende, schwierige und belastende Situationen ohne psychische Folgeschäden zu meistern, d.h., solchen außergewöhnlichen Belastungen ohne negative Folgen standzuhalten.

Resilienz

Individuelle Unterschiede in der Resilienz können dann erklären, warum es bei manchen Menschen trotz vergleichbarer Belastung nicht zu solchen Folgen kommt, womit das Thema Resilienz im weitesten Sinn zum Themenbereich der Positiven Psychologie gerechnet werden kann. Man hat auch herausgefunden, dass viele Menschen ihre Kindheit als schwierig oder sogar traumatisch erinnern, doch gibt es in vielen Fällen auch andere Erfahrungen in deren Biografie, wenn etwa andere Menschen, Ereignisse oder Momente diese gestärkt haben. Viele Kinder und Jugendliche, die im Elternhaus wenig Stärkung erfahren haben, haben dennoch Unterstützung erhalten oder sich diese gesucht, wobei vor allem andere Menschen wie nahe Verwandte, NachbarInnen, LehrerInnen oder ErzieherInnen positive Bindungspersonen bildeten, wobei Eigenschaften der Kinder wie praktische Intelligenz und auch die Bereitschaft, Hilfe zu suchen, zusätzlich stärkende Faktoren waren.

Die Ursprünge der Resilienzforschung gehen in die 1950er-Jahre zurück, in denen die amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy Werner eine Studie auf der hawaiianischen Insel Kauai begann, in der sie vier Jahrzehnte lang 698 Jungen und Mädchen beobachtete, deren Chancen auf ein erfolgreiches Leben durch Armut, Vernachlässigung und Misshandlung schlecht waren. Nicht selten waren die Ehen der Eltern zerrüttet, Geld fehlte, viele Väter waren süchtig nach Alkohol. Doch am Ende aber gab es eine große Überraschung, denn traditionellerweise hätte man den Kindern ein desaströses Schicksal vorausgesagt, doch seit dieser Langzeitstudie klar: Auch wenn die Startbedingungen noch so schlecht sind, meistern manche Menschen ihr Leben gut. Ein Drittel der Kinder von Kauai wuchs zu selbstbewussten, fürsorglichen und leistungsfähigen Erwachsenen heran, die im Beruf wie in persönlichen Beziehungen bestanden. Die starken Kinder von Kauai hatten etwas, das die anderen nicht hatten: Es gab zumindest eine liebevolle Bezugsperson, die sich um sie kümmerte, wobei die Vertrauensperson nicht unbedingt Mutter oder Vater sein muss, sondern auch eine Tante, ein Lehrer, eine Nachbarin können diese Rolle füllen. Werner fasste ihre Ergebnisse in drei protektiven Faktoren zusammen. Eine durchschnittliche Intelligenz und ein Temperament, das sich positiv auf Lehrer und Eltern auswirkt. In diesem Zusammenhang wird auch eine gewisse Robustheit, Energie und ein sozial verbindliches Wesen genannt, denn Kinder, die diese Eigenschaften besitzen, erhalten mehr positive Zuwendung von ihren Eltern oder Bezugspersonen. Eine emotionale Bindung an die Eltern oder Ersatzbezugspersonen, die die Kinder zu Vertrauen und Selbstständigkeit ermutigten, was seinerseits die schulischen Fähigkeiten beeinflusste. Darunter fiel auch die Überzeugung der Kinder, selbst für ihre Erfolge verantwortlich zu sein. Durch diese Überzeugung gelingt es den Heranwachsenden, aktiv auf widrige Umstände zu reagieren und auch Menschen aufsuchen, die Ihnen Rat geben. Die Unterstützung von Seiten der Gesellschaft, die haltgebende Werte vermittelt, wobei vor allem die Schule einen starken Einfluss auf die Bildung der Resilienz der Kinder hat, indem sie die Kompetenzen der Kinder anerkennt und belohnt. In diesem Aspekt zeigt sich die Verantwortung der Gesellschaft in Bezug auf die Bildung resilienter Fähigkeiten bei Kindern, sodass durch das Erkennen des Zusammenhangs von Anerkennung und Förderung der Stärken der Kindern ein erheblicher Beitrag zur präventiven Gesundheitsförderung geleistet werden kann. Wichtig ist es, Kindern auf Augenhöhe zu begegnen, denn jemand muss ihnen Geborgenheit geben, ihre Fortschritte anerkennen, ihre Fähigkeiten fördern und sie unabhängig von Leistung und Wohlverhalten lieben. Resilienz entsteht meist früh, lässt sich aber auch im späteren Leben noch erlernen. Man sollte sich dabei aber nicht zu viel zuzumuten, aber durchaus einigen Anforderungen stellen, denn an den Erfolgen lernte man, dass schwierige Aufgaben zu meistern sind. Und wer von Anfang an auch Scheitern einkalkuliert, der lernt auch aus Misserfolgen, ohne diese nur negativ zu sehen. Auf diese Art wächst man an seinen Aufgaben, denn seelisch Starke klammern sich nicht an bestimmte Lebensentwürfe oder Vorstellungen, sondern betreiben „flexible Zielanpassung“. Ein Ziel wird hartnäckig verfolgt, aber nur solange, bis sich herausstellt, dass es zwecklos ist.

Die Resilienzforschung richtet ihren Blick auf die seelischen Widerstandskräfte und Ressourcen von Menschen. Zu Beginn der Resilienzforschung wurde Resilienz mit dem doch sehr unrealistischen Menschenbild der „Unverletzlichkeit“ (Vulnerabilität) gleichgesetzt, doch inzwischen betonen Wissenschaftler, dass seelische Widerstandskraft nicht durch bestimmte Charaktereigenschaften gekennzeichnet ist, sondern sich vielmehr in einem komplexen Wechselspiel zwischen Risiko- und Schutzfaktoren entfaltet, und demnach eine höchst individuelle Angelegenheit darstellt und bis zu einem gewissen Grade erlernbar ist. Es sollte beim Konzept der Resilienz beachtet werden, dass sich Resilienz nicht trotz widriger Umstände wie Armut, Verlusterfahrungen oder sexueller Gewalt entwickelt, sondern in erster Linie auf Grund der Herausforderungen, die diese negativen Bedingungen für die Entwicklung eines Kindes haben und mit denen es sich notgedrungen auseinandersetzen muss. Wesentlich sind dabei das Vorhandensein von Schutzfaktoren im Umfeld, auf die das Kind zurückgreifen kann, und ein Umfeld, in dem sich dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozesse vollziehen können. Resilienz kann aber auch situationsspezifisch entwickelt werden, denn Kinder, die in einem konflikthaften Elternhaus aufwuchsen, erweisen sich etwa in ihrer schulischen Kompetenz als widerstandsfähig, blieben sich aber in ihrer sozialen Kompetenz höchst verletzlich. Es sollte daher nie vergessen werden, dass Resilienz nur eine zumeist zeitlich begrenzte, von verschiedenen Schutzfaktoren gespeiste psychische Widerstandsfähigkeit oder Bewältigungskapazität ist, also nicht in allen Lebensbereichen in gleichem Maße sichtbar wird. Kognitive Resilienz entsteht durch eine angereicherte, kognitiv stimulierende Umgebung Die in letzter Zeit gestiegene Lebenserwartung der Menschen geht mit einer Zunahme der Demenzerkrankungen einher, was die Notwendigkeit unterstreicht, die kognitiven Funktionen in der alternden Bevölkerung zu erhalten. Ein gewisser Prozentsatz von Menschen mit pathologischen Merkmalen einer neurodegenerativen Erkrankung ist aber in der Lage, die normalen kognitiven Funktion zu erhalten, was bedeutet, dass diese über eine hohe kognitive Resilienz verfügen. Der effektivste Auslöser für kognitive Resilienz ist sowohl bei Menschen, aber auch bei Tieren eine angereicherte, kognitiv stimulierende Umgebung. Barker et al. (2021) zogen einige Mäuse in leeren Käfigen auf, anderen stand ein Laufrad und Spielzeug zur Verfügung, das alle paar Tage ausgetauscht wurde, wobei die anschließende Untersuchung der Gehirne ergab, dass die anregenden Tätigkeiten Auswirkungen auf das Epigenom und insbesondere das Gen MEF2C hatten. Dadurch konnte man ein Profil der molekularen Veränderungen, die durch die Anreicherung der Umwelt in Mäusen entstehen, erstellen, was zur Identifizierung der MEF2-Transkriptionsfaktoren führte. MEF2 (Myocyte Enhancer Factor 2) ist ein Transkriptionsfaktor, der auch an der Entwicklung und Funktion von Hirnzellen beteiligt ist.

 

Definitionen von Resilienz

  1. Definition: „Unter Resilienz wird die Fähigkeit von Menschen verstanden, Krisen im Lebenszyklus unter Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meisten und als Anlass für Entwicklung zu nutzen“
  2. Definition: „Resilienz bezeichnet die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des früheren psychischen Anpassungs- und Funktionsniveaus nach einem eingetretenen Trauma oder bei bestehenden Einschränkungen und Verlusten“ (Oerter & Montada, 2002, S. 991).
  3. Definition: „Mit Resilienz werden Prozesse oder Phänomene beschrieben, die eine positive Anpassung des Individuums trotz vorhandener Risikofaktoren widerspiegeln“ (Hammelstein, 2006, S. 18).
  4. Definition: Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit von Menschen, die es ermöglicht, selbst widrigste Lebenssituationen und hohe Belastungen ohne nachhaltige psychische Schäden zu bewältigen (vgl. „Resilienz“ in Brockhaus Enzyklopädie Online).
  5. Definition: Der Begriff Resilienz leitet sich von dem englischen Wort „resilience“ (Spannkraft, Widerstandsfähigkeit, Elastizität) ab und bezeichnet allgemein die Fähigkeit einer Person oder eines sozialen Systems, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen und negativen Folgen von Stress umzugehen.

In der Psychologie und Medizin versteht man unter Resilienz die „seelische Widerstandskraft“. Der Begriff bezeichnet die Fähigkeit, dass Menschen ihre psychische Gesundheit trotz widriger Lebensumstände aufrechterhalten oder sie nach einer Krise zurückgewinnen. Die heutige Resilienzforschung ist das Resultat eines Paradigmenwechsels: Lange Zeit lag der Fokus auf der Ursachenforschung und Behandlung von bestehenden Krankheiten (Pathogenese). 1978 verabschiedete die Weltgesundheitsorganisation die Deklaration „Health for all“, ein Jahr später entwarf der Medizinsoziologe Aaron Antonovsky sein Konzept der Salutogenese. Beides leitete einen Perspektivwechsel in der Medizin ein.

Exkurs: Stehaufmännchen sind Gegenstände, meist in Form von tierischen oder menschlichen Figuren, die aufgrund ihrer Konstruktion immer wieder in die aufrechte Position zurückfinden, auch wenn man versucht, sie umzustoßen.
Umgangssprachlich wird der Begriff Stehaufmännchen bzw. gendergerecht auch Stehaufweibchen für Menschen verwendet, die sich nicht durch Niederlagen oder Misserfolge entmutigen lassen, diese überwinden und sich immer wieder neu auf das Leben einlassen und versuchen, es selbst zu meistern. Diesen Menschen schreibt man daher ein hohes Ausmaß an Resilienz zu!

Stehauf-Männchen

Physikalisches Prinzip: Eine solche Stehauffigur besitzt in der Regel eine abgerundete Unterseite und einen sehr tief liegenden Schwerpunkt, sodass jede Veränderung der Lage eines Stehaufmännchens dadurch zu einem Anheben des Schwerpunktes führt, so dass das Stehaufmännchen durch die Schwerkraft wieder aufgerichtet wird. Besitzt das Stehaufmännchen eine halbkugelförmige Unterseite, so muss der Schwerpunkt unterhalb des Mittelpunkts der Kugel liegen. Es gibt auch andere Gegenstände, die nach dem gleichen physikalischen Prinzip konstruiert sind und die auf einem Stehaufbein befestigt sind, etwa manche Punchingbälle, Erdkugeln oder einbeinige Hocker. Auch einige Schiffs¬typen werden ebenfalls mit einem sehr niedrig liegenden Schwerpunkt konstruiert, damit sie bei starkem Seegang oder Seitenwind von alleine wieder aus der Schräglage zurückkehren und daher kaum kentern können.

Wenn die Kinderbetreuung für die ersten Lebensjahre heutzutage immer mehr ausgebaut wird, dann muss aber dafür gesorgt sein, dass die Kinder auch unter diesen Umständen ein stabiles Bindungsmuster ausbilden könnten, das ihnen im späteren Leben bei der Bewältigung von Krisen hilft. Denn nach Ansicht von Experten erhält jeder Mensch erst durch seine individuelle Biographie sein ganz persönliches neuronales Netzwerk, denn der Mensch wird nicht entweder nur durch seine Anlagen oder nur durch seine Umwelt geprägt, sondern aus dem Zusammenspiel beider. Die menschliche Gehirnarchitektur folgt einem genetisch angelegten Bauplan, der durch frühe Erfahrung und Lerneffekte stark modifizierbar ist, wobei der wichtigste Input dafür die Bindungsqualität zwischen Mutter und Kind bzw. einer ähnlich stabilen Beziehung zu einer anderen Person darstellt. Negative Erfahrungen in dieser Entwicklungsphase hinterlassen Stressnarben im Gehirn, wobei es manchen Menschen zwar gelingt, Resilienz zu entwickeln, also die Fähigkeit, trotz belastender Faktoren in der Lage zu sein, Frustrationen zu überwinden, doch auch diese lässt sich nur bis zu einem gewissen Grad erlernen, wobei es sich in den frühen Jahren entscheidet, ob ein Mensch später beziehungsfähig wird und seine Affekte angemessen kontrollieren kann.

Die Resilienzfaktoren im Kindes- und Jugendalter entwickeln sich vorwiegend auf folgenden vier Ebenen:

  • personale Kompetenzen des Kindes, wie Stressverarbeitung, Selbstregulation, Motivation, Lernen,
  • Kompetenzen des Familiensystems, worunter Bindung, Interaktion und Erziehung fällt,
  • Ressourcen des sozialen Netzwerkes (Schule, Gleichaltrige) und
  • gesellschaftlich-kulturelle Faktoren, wie Normen und Werte.

Die biologischen Einflussfaktoren können die Impulskontrolle, die Handlungsplanung und die Emotionsregulation ebenfalls stark beeinflussen, genauso wie auch die Vermittlung beruflicher Perspektiven und Integration. Manche Stressforscher orten einen wesentlichen Anteil der Resilienz in den Genen, denn Menschen, die sich wie auch Versuchstiere an eine sich schnell ändernde Umwelt gut anpassen können, zeigen ein anderes epigenetisches Muster in den Stressverarbeitungszentren ihres Gehirns. Auch unter Versuchstieren gibt es immer wieder Tiere, die sich nicht so sehr von aggressiven Mitbewohnern einschüchtern lassen, die den Geruch ihres ärgsten Feindes wegstecken und trotzdem noch für die Gemeinschaft da sind.

Resilienz in Organisationen:

Die Resilienz eines Menschen ist unter diesem Aspekt ein hochkomplexes Konstrukt und umfasst Potentiale wie:

  • Emotionssteuerung,
  • Empathie,
  • Impulskontrolle,
  • Kausalanalyse,
  • realistischer Optimismus,
  • Selbstwirksamkeit,
  • Zielorientierung,
  • Netzwerkorientierung,
  • Vermeiden der Opferrolle,
  • Übernahme von Verantwortung.

Dieses psychologische Konstrukt hat sich in den vergangenen Jahren zu einem intensiv erforschten und fruchtbaren Feld der wirtschaftspsychologischen Forschung entwickelt und findet auch in der psychologischen Praxis zunehmend Verbreitung und Anwendung. Auch in der Wirtschaftspsychologie spricht man vermehrt von Resilienz, wobei sie hier die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen und Belastungen bezeichnet, also Anpassungsfähigkeit, Zielorientierung, Integrationsfähigkeit und Strukturerhalt, die die wesentlichen Eigenschaften widerstandsfähiger Arbeitnehmer darstellen.

Aus der Perspektive des Arbeitgebers vermindert hohe Resilienz Stress bei den MitarbeiterInnen, stabilisiert deren Gesundheit und steigert ihre Produktivität. Bisher wurde Resilienz in der Psychologie eher als stabile personale Ressource verstanden, doch um das Konstrukt der Resilienz für die betriebliche Praxis zu nutzen und im Rahmen von Interventionen gezielt zu fördern, ist eine verhaltensnahe Konzeption von Resilienz notwendig. Zwar wurden schon bisher häufig Programme zur Steigerung von Resilienz angeboten, die Wirkungen sind jedoch oft bescheiden und fragwürdig. Das liegt auch daran, dass sich Organisationen zunehmend auf Teams stützen, um den Anforderungen komplexer Aufgaben gerecht zu werden, sodass eine bloße Aggregation individueller Effekte der Komplexität des kollektiven Phänomens der Team¬-Resilienz nicht gerecht wird.

Resiliente Teams bzw. ganze Organisationen haben MitarbeiterInnen und Führungskräfte, die fähig sind, die Realität zu akzeptieren und anzupacken, wobei das Wertesystem resilienter Organisationen dabei als Halt in schwierigen Situationen dient, sodass die Arbeitnehmer in der Lage sind, zu improvisieren und alle ihre Ressourcen einzusetzen.

Resilienz ist hier auch unter dem Aspekt der Kooperation zu betrachten, denn die Resilienz von Teams kann neben dem wiederholten Training kritischer Situationen vor allem durch die Verbesserung der Beziehung und Kommunikation zwischen den Gruppenmitgliedern erhöht werden.

Wichtig sind in diesem Kontext positive gemeinsam erlebte und ausgedrückte Emotionen wie:

  • Enthusiasmus,
  • Optimismus,
  • Zufriedenheit,
  • Wohlbefinden und
  • Entspannung,

letztlich ein transformationaler Führungsstil, geteilte Führungsaufgaben im Team, gemeinsames Lernen und die Entwicklung einer gemeinsamen sozialen Identität.

Nach Meinung einiger Experten kann sogar Religion ein Resilienzfaktor sein, denn aus individueller Sicht liefert einerseits der Glaube Sinndeutungen auch im Leiden, andererseits kann soziale Unterstützung durch eine religiöse Gemeinschaft erlebt werden, woraus sich stabilisierende Effekte ergeben können.

 

Resilienz in der Produktion:

Wissenschaftler versuchen jüngst das Konzept der Resilienz aus der Psychologie nun mittels künstlicher Intelligenz in die Produktion zu übertragen, wobei skalierbare adaptive Produktionssysteme durch Resilienz-Optimierung entwickelt werden sollen.

In der Psychologie beschreibt Resilienz ja die Fähigkeit eines Menschen, mit kritischen Situationen umzugehen oder schnell in einen Zustand vor diesen kritischen Situationen zurückzukehren. Resilienz besteht also dann, wenn Menschen Prozesse, Methoden und Verhaltensweisen einsetzen oder entwickeln, die sie vor möglichen negativen und nachhaltigen Auswirkungen von Stressoren schützen. In dem neuen Projekt soll geklärt werden, inwieweit das Konzept der Resilienz aus der Psychologie in die Produktion übertragen werden kann bzw. es soll untersucht werden, wie viele Störungen ein technisches Produktionsnetzwerk, bestehend aus Maschinen, Menschen und Märkten, ertragen kann, bevor Qualität, Kosten oder Produktionszeiten nachhaltig aus dem Ruder laufen.

Unternehmen scheitern häufig an der Kernaufgabe, auf eine sich verändernde Umwelt, wie neue Marktteilnehmer, andere Kundenbedürfnisse, technologischen Wandel oder ähnliches, mit einer geeigneten Transformation der eigenen operativen, aber auch strategischen Ausrichtung schnell genug zu reagieren.

Resilienz im Alltag:

Resilient zu sein bedeutet für den Einzelnen, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen und mit den negativen Folgen von Stress umzugehen, d.h., Resilienz ist so etwas wie die psychische Widerstandsfähigkeit eines Menschen. Es ist entscheidend, sich durch Widerstände im Leben nicht entmutigen zu lassen, sondern daraus zu lernen und diese Erfahrungen in das eigene Leben zu integrieren. Ein Grund- oder Urvertrauen, das sich in der Kindheit bildet, ist dazu bedeutsam, aber auch die genetische Ausstattung bestimmt die seelische Widerstandsfähigkeit mit. Das Grundvertrauen resilienter Menschen zeigt sich etwa in guten Beziehungen zu Freunden und Partnern und in einem positiven Selbstbild. Diese Menschen sind breiter interessiert, diszipliniert, neigen weniger zu Katastrophenphantasien und suchen auch bei Schicksalsschlägen nach positiven Aspekten, engagieren sich dort, wo sie Freude erleben und treten für ihr Glücklichsein ein. Anhaltende negative Gefühle, schwelende Unzufriedenheit und Anspannung begünstigen psychische Krankheiten, während eine positive Gestimmtheit das kreative Denken fördert und entspannt.

Die Resilienzforschung gibt dabei einige praktische Empfehlungen:

  • Setze im Leben nicht alles auf eine Karte. Ein Mensch braucht immer mehrere Fäden, um am Muster für seinen Lebenspullover zu stricken.
  • Verweigerung des Fatalismus, d.h., sich nicht dem Schicksal ausliefern, sondern immer die Möglichkeit eines Neuanfangs suchen.
  • Bette dein Leben in einen großen Rahmen, denn wie man eine Sache sieht, ist offensichtlich eine Frage der Umrahmung (Framing), der Lebenseinstellung.
  • Freunde und soziales Leben, also die „psychologische Familie“ als Kreis jener Personen, die einen im Leben umgeben, sind entscheidend.
  • Einen Sinn für nichtmaterielle Werte entwickeln.
  • Generell für positive Gefühle sorgen, denn so wichtig wie Bewegung für die Körperabwehr ist, so wichtig sind Freude, Frohsinn, Humor, Faszination und Liebe für die seelische Abwehrkraft und können negative Ereignisse neutralisieren.
  • Sich fragen, ob alles, was man sich im Alltag aufgehalst hat, auch noch relevant ist und ob man es mit Freude macht. Zwar bringt jeder Beruf oder jede Verpflichtung auch unangenehme Tätigkeiten mit sich, wobei das nur dann problematisch ist, wenn der negative Stress deutlich überwiegt.
  • Alleinsein ist ab und zu heilsam, doch Einsamkeit kann auf Dauer krank machen, daher sind gute Beziehungen und Freunde wichtig. Aber Kontakte erhalten sich nicht von allein, sie wollen gepflegt werden.
  • Psychische Gesundheit hängt auch damit zusammen, ob das Leben einigermaßen vorhersagbar und sicher ist, ob also klare Verhältnisse vorliegen und nicht Unsicherheiten den Alltag belasten. Beziehungen, in denen man nicht weiß, woran man ist, schwächen mehr als sie helfen. Es gibt Umstände, die nicht zu ändern sind, wer aber für alles, was ihm gegen den Strich geht, für jede Enttäuschung, zu wenig Wertschätzung im Beruf etc. einen Sündenbock sucht, der drückt sich vor der Eigenverantwortung. Wer das Gefühl hat, in gewissem Maß sein Leben kontrollieren zu können, der Schöpfer seines Wohls zu sein, der entscheidet bewusster und erlebt weniger Enttäuschung. Wenn man sich noch im Herzen berühren lässt, zeugt das von seelischer Gesundheit, egal, ob im Positiven oder im Negativen, doch wer sich einen Schutzpanzer gegen Gefühle zugelegt hat, droht irgendwann emotional zu ersticken.

Jeder darf auch traurig, wütend, verzweifelt, grantig sein. Wer eine Trennung oder einen Todesfall in der Familie hinter sich hat, kann sich im Moment nicht vorstellen, dass er wieder glücklich werden wird. Es hilft manchmal, sich vor Augen zu führen, welche Belastungen man schon erfolgreich im Leben gemeistert hat. Sich erinnern, welche Strategien damals geholfen haben, wieder auf die Beine zu kommen. Halten seelische Beschwerden, Schlafstörungen, Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit mehr als zwei Wochen lang ohne äußeren Grund an, sollten man einen Psychotherapeuten, Psychiater

Unnötiges Leid nicht ertragen, oft hilft ein einziges Gespräch mit Fachleuten schon weiter.

Übrigens zeigen resiliente Menschen im orbitofrontalen Cortex weniger Aktivität, d. h., resiliente Menschen machen sich generell weniger Sorgen um Vergangenheit oder Zukunft und warten eher ab, als sich über Vergangenes und Künftiges aufzuregen. Sie reagieren vorwiegend auf das, was im Augenblick geschieht, wodurch sie auch besser wahrnehmen, wenn unangenehme Situationen vorüber sind, und sich schneller erholen. Menschen, die sich auf den Augenblick konzentrieren, können dadurch nachweislich Sorgen und Angst reduzieren und damit auch ihren Blutdruck senken. Menschen können zwar nicht verhindern, dass ihr Herz bei Aufregung oder Schreck schneller schlägt, aber sie können darauf reagieren und es beruhigen, indem sie mit ihrer Aufmerksamkeit und Konzentration im Augenblick bleiben. Nicht umsonst ist die Anzahl abschweifender Gedanken ein guter Maßstab für die Zufriedenheit eines Menschen, und seine Präsenz im Hier und Jetzt ist letztlich wichtiger für seine Zufriedenheit als das, was er oder sie gerade tut.

Grueschow et al. (2021) haben die neurobiologischen Grundlagen von Stressresilienz nachgewiesen, indem sie zeigten, dass die neuronale Reaktionsfähigkeit des noradrenergen Locus coeruleus und die damit verbundenen Pupillenreaktionen mit der anschließenden Veränderung von Angst- und Depressionsmaßen als Reaktion auf anhaltenden Stress im realen Leben zusammenhängen. Bisher war es kaum möglich, individuelle Reaktionen auf Stress vorauszusagen, was vor allem daran liegt, dass sich chronischer Stress in Laborexperimenten nur ungenügend simulieren lässt, d. h., Teststress reicht nicht annähernd an die Dauer und Intensität von langanhaltendem Arbeits- und Alltagsstress heran. Die ForscherInnen haben daher bei einer Gruppe von Medizinstudenten fMRI- und Pupillometriedaten während einer emotionalen Konfliktaufgabe erhoben, bevor sie ein stressiges Praktikum in der Notaufnahme absolvierten, das als Risikofaktor für Angst und Depression bekannt ist. Dabei zeigte sich, dass die Konfliktreaktion und ihre funktionelle Kopplung mit der Amygdala mit stressbedingten Symptomveränderungen als Reaktion auf das Praktikum assoziiert war.

Dabei wurde ein ähnlicher Zusammenhang für die Pupillendilatation ( Erweiterung der Pupillen) gefunden, einem potentiellen Marker für die neuronale Reaktionsfähigkeit des noradrenergen Locus coeruleus. Je sensitiver dieses Erregungssystem reagiert, desto höher ist demnach die Wahrscheinlichkeit, dass die betreffende Person bei andauernden Stress Symptome von Angst- und Depressionsstörungen entwickelt.
Während man bei Achtsamkeit oder Selbstfürsorge einfach lernen soll, weniger gestresst und somit glücklicher zu sein, setzt Resilienz voraus, dass die Welt schwierig, unsicher oder sogar bedrohlich ist, wobei man trotzdem lernen kann, unter diesen Bedingungen gut zu leben und das Beste herauszuholen. Resilienz bedeutet also eine neue Perspektive auf die Umwelt als eine krisenförmige bis hin zu einer katastrophalen Umwelt zu finden, d. h., für Resilienz müssen die Bedingungen schwierig sein, sonst haben Menschen keinen Grund, Resilienz auszubilden oder diese zu üben.
Während man früher dachte, dass Resilienz etwas ist, das Menschen haben oder nicht haben, geht man heute davon aus, dass man sie erlernen und trainieren kann. Resilienz ist daher nach Meinung von ExpertInnen in einem gewissen Ausmaß durchaus erlernbar bzw. lässt sich die Resilienz auch noch bei Erwachsenen steigern, indem man unter anderem den Optimismus, die Lösungsorientierung und das Übernehmen von Verantwortung fördert. Vor allem bei Kindern lassen sich Resilienzfaktoren fördern, also jene Eigenschaften, die ein Kind in der Interaktion mit der Umwelt sowie durch die erfolgreiche Bewältigung von alterspezifischen Entwicklungsaufgaben erwirbt.

Folgende Faktoren stärken nach Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse (2009, S. 43ff) Kinder und erhöhen deren Widerstandskraft:

Positive Selbstwahrnehmung:

Im Vordergrund einer guten Selbstwahrnehmung steht die ganzheitliche und adäquate Wahrnehmung der eigenen Emotionen und Gedanken, also von sich selbst. Gleichzeitig ist es wichtig, sich selbst dabei zu reflektieren, d.h. , sich zu sich selbst in Beziehung setzen zu können und andere Personen ebenfalls angemessen wahrzunehmen und sich ins Verhältnis zu ihrer Wahrnehmung zu setzen (Fremdwahrnehmung).

Selbststeuerungsfähigkeit:

Resiliente Kinder können sich und ihre Gefühlszustände selbstständig regulieren bzw. kontrollieren; sie wissen, was ihnen hilft, um sich selber zu beruhigen und wo sie sich ggf. Hilfe holen können, d.h., sie kennen Handlungsalternativen und Strategien zur Selbstberuhigung. Resiliente Kinder haben gelernt, innere Anforderungen zu bewältigen und ihnen zu begegnen.

Selbstwirksamkeitsüberzeugung:

Resiliente Kinder kennen ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten und sind stolz darauf, d.h., sie können ihre Erfolge auf ihr Handeln beziehen und wissen, welche Strategien und Wege sie zu diesem Ziel gebracht haben. Sie können diese Strategien dann auf andere Situationen übertragen und wissen, welche Auswirkungen ihr Handeln hat und vor allem, dass ihr Handeln auch etwas bewirkt.

Soziale Kompetenzen:

Resiliente Kinder können auf andere Menschen zugehen und Kontakt aufnehmen; sie können sich in andere einfühlen und soziale Situationen einschätzen; sie können sich selbst behaupten aber auch Konflikte lösen.

Angemessener Umgang mit Stress:

Resiliente Kinder können die für sie stressige Situationen einschätzen, d.h., sie erkennen, ob sie für sie bewältigbar sind, und kennen ihre Grenzen; sie kennen Bewältigungsstrategien und können diese anwenden; sie wissen, wie sie sich Unterstützung holen können und wann sie diese brauchen; sie können die Situation reflektieren und bewerten.

Problemlösekompetenz:

Resiliente Kinder haben gelernt, sich realistische Ziele zu setzten. d.h., sie trauen sich, Probleme direkt anzugehen und erkennen dafür Problemlösestrategien und sind in der Lage verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Zentrum zur Erforschung der Resilienz

Die Universität und Unimedizin in Mainz haben das europaweit erste Zentrum zur Erforschung der Resilienz gegründet, in dem Mediziner, Psychologen und Sozialwissenschaftler zusammenarbeiten. Man will verstehen, welche Vorgänge im Gehirn Menschen dazu befähigen, sich gegen die schädlichen Auswirkungen von Stress und belastenden Lebensereignissen zu schützen. Das Deutsche Resilienz-Zentrum (DRZ) sollte ergründen, wie diese Schutzmechanismen gestärkt werden könnten. Statt psychische Krankheiten zu erforschen, geht es darum, sie im Vorhinein zu verhindern, denn das kann viel Leid und Geld sparen.

Leistungsgesellschaft und Digitalisierung lassen Menschen immer weniger zur Ruhe kommen, wobei die Debatte über Burn-out zeigt, dass man wissen sollte, wie man Menschen stark machen kann. Vielfach wurde in Studien beobachtet, dass besonders resiliente Menschen nicht so lange in Passivität verharren, sondern früh nach Möglichkeiten suchen, ihre Situation positiv zu verändern. Diese Menschen sehen in Niederlagen oder kritischen Situationen ein Entwicklungspotenzial und versuchen, dem Geschehen einen Sinn zu geben. Dadurch wird die Situation kontrollierbarer und lässt sich besser in den Lebenskontext integrieren. Menschen, die als resilient gelten, überwinden Schmerz und Trauer schneller als andere, indem sie den Blick in die Zukunft richten, geistig flexibel bleiben, ihre Sichtweise ändern können und an ihrer Einstellung arbeiten. Manche von ihnen erleben das, was die Psychologie als „posttraumatisches Wachstum“ bezeichnet:

Mit zeitlichem Abstand gehen sie gestärkt aus Krisen hervor. Bei einem aktuellen (2019) Forschungsprojekt der Uniklinik Mainz mit dem Deutschen Resilienz Zentrum sollte mit Hilfe von Mäusen herausgefunden werden, ob sich synaptische Resilienzfaktoren identifizieren lassen, also neuronale Merkmalen zur Abwehr von Gefährdungen.

Säulen der Resilienz:

In einer Therapie versucht man, die sieben Säulen der Resilienz in ein Gleichgewicht zu bringen. Der erste Faktor ist dabei der
Optimismus, denn Betroffene müssen erkennen, dass Krisen, egal wie groß sie auch scheinen, in der Regel zeitlich begrenzt sind und zu lernen, dass auch aus einer Krise in der Zukunft noch etwas Positives entstehen kann. Resiliente Menschen setzen ihren Optimismus ganz gezielt ein, um ihre eigenen Ressourcen effektiv und zielgenau einzusetzen.

Der zweite Resilienzfaktor ist die Akzeptanz der Krise, denn nur wenn die Krise erkannt und akzeptiert wird, kann sie auch angegangen werden. Dies ist eine Vorstufe zur Bewältigung der Krise, denn im nächsten Schritt geht es darum, nach einer Lösung zu suchen, wobei die Lösungsorientierung von der persönlichen Einstellung und den Erwartungen an die Zukunft abhängt. Resiliente Menschen richten ihre Aufmerksamkeit nicht nur auf andere Personen und Umstände, sondern in erster Linie auf sich selber, sehen sich nicht in einer Opferrolle, sondern setzen sich aktiv mit bestehenden Situationen auseinander und versuchen, diese zu ihren Gunsten zu verändern. Dieser Schritt ist für Menschen mit gering ausgeprägtem Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen oft der schwierigste.

Als nächstes gilt es, die Verantwortung für das eigene Leben wieder zu übernehmen, wozu gehört, die Konsequenzen für das eigene Tun zu übernehmen, wobei ein stabiles soziales Netzwerk sehr hilfreich ist. Resiliente Menschen besitzen in den meisten Fällen ein großes soziales Netzwerk, dass sie stets jemanden finden, der ihnen zuhört und ihnen dabei hilft, eine Lösung für ihre Probleme zu finden.
Nun gilt es abschließend, die Zukunft neu zu planen, was allerdings voraussetzt, dass man erkennt, dass Menschen immer eine Wahlmöglichkeit besitzen, wodurch die Zukunft entsprechend der eigenen Möglichkeiten geplant werden kann, denn so bleibt sie beherrschbar und Krisen können in Eigenverantwortung bewältigt werden.

Positive Appraisal Style Theory Of Resilience:

Bei der Entstehung vieler psychischer Erkrankungen wie Depression, Angst oder Sucht spielen Stress, traumatische Ereignisse oder belastende Lebensumstände eine wesentliche Rolle. Resilienz hilft vielen Menschen, Herausforderungen, Belastungen und schwierige Situationen wirkungsvoll zu meistern und dabei mental gesund zu bleiben, denn diese Menschen besitzen protektive Mechanismen also Schutz- und Selbstheilungskräfte, die die Entwicklung von stressbedingten Erkrankungen verhindern.

Durch eine Sichtung und Auswertung bisheriger Studien und Untersuchungen zum Thema Resilienz ist es Kalisch et al. (2014) gelungen, ein gemeinsames Prinzip herauszufinden, das als ganzheitliche Basis für künftige Studien im Bereich der Resilienz dienen könnte.
Dabei haben die Wissenschaftler verschiedene Dimensionen und Forschungsansätze von psychologischen und sozialen Ansätzen über genetische bis hin zu neurobiologischen Untersuchungen vereint. Bisher beschäftigte sich die Resilienzforschung weitgehend mit den unterschiedlichsten sozialen, psychologischen oder auch genetischen Faktoren, die die seelische Widerstandskraft positiv beeinflussen, wie beispielsweise die soziale Unterstützung, bestimmte Persönlichkeitsmerkmale oder typische Verhaltensweisen. Die ForscherInnen haben sich gefragt, ob es einen gemeinsamen Nenner für all diese Einzelansätze gibt und dazu verschiedene Beispiele erwogen.

Als Ergebnis stellen wir in unserer neuen Theorie weniger die einzelnen Faktoren als vielmehr das Gehirn selbst in den Mittelpunkt. Die entscheidende Frage lautet demnach:

„Wie bewertet das Gehirn eine bestimmte Situation oder einen bestimmten Reiz?“
Eine positive Reizbewertung ist vermutlich der zentrale Mechanismus, der letztlich über die Resilienz des Individuums entscheidet. Die vielen bisher identifizierten Faktoren bestimmen Resilienz nur indirekt, indem sie die Bewertung beeinflussen. Eine interessante Konsequenz des Bewertungsansatzes ist es, dass es weniger die belastenden Situationen oder Reize sind, die entscheiden, ob Stress entsteht, sondern die Art und Weise, wie das Individuum die Situation bewertet.

Ein positiver Bewertungsstil schützt langfristig vor stressbedingten Erkrankungen, weil er die Häufigkeit und das Ausmaß von Stressreaktionen verringert. Diesen neuen mechanistischen Ansatz haben die Wissenschaftler PASTOR benannt:
Die Abkürzung steht für „Positive Appraisal Style Theory Of Resilience„.

Resilienz von Systemen:

Der Begriff der Resilienz wird auch im Sinne von Unverwüstlichkeit, Zuverlässigkeit und Widerstandsfähigkeit von Systemen verwendet, und benennt dabei ganz allgemein die Fähigkeit einer bedrohten Einheit, antizipierte Schäden zu überstehen. Erreicht werden kann sie entweder durch die Fähigkeiten von Systemen, bei auftretenden externen Schocks entweder möglichst robust zu sein, also möglichst geringfügig verwundet zu werden, oder schnell wieder den Ursprungszustand zu erreichen (‚bounce back‘), oder durch deren Flexibilität, ihre internen Strukturen zu verändern und einen konstanten Zustand der Anpassungsfähigkeit zu kultivieren.

Mittlerweile ist Resilienz zu einer Art Modebegriff geworden und vielerlei Überlappungen und unscharfe Grenzen erschweren Abgrenzung und eindeutige Zuordnung. Daher gibt es auch ein Resilienznetzwerk Deutschland in dem Vertreter von Einsatzkräften, Militär und Verwaltung das Szenario eines totalen Internet-Ausfalls untersuchen. Auf der Homepage heißt es: „Das Resilienz Netzwerk ist die Zukunftsplattform für Idealisten ohne Illusionen – Leute, die meinen, dass gute Ideen wichtig sind, um besser durchs Leben zu kommen, die aber versuchen, so wenig wie möglich von Illusionen aufgehalten zu werden, die einen bei der sinnvollen Vorbereitung auf die eigene Zukunft im Weg stehen. (…)

Bei den zivilgesellschaftlichen Projekten geht es schließlich darum, ganz konkrete Aktionen auszuprobieren, mit denen man sich sinnvoll auf eine zunehmend turbulente Zukunft vorbereiten kann. Wir haben mit dem Projekt ‘Plötzlich Blackout!’ schon über 500 Personen und mehrere hundert Firmen gewinnen können, mit uns konkrete Vorbereitungen für ein mögliches Strom-Blackout zu überlegen. Alle Ergebnisse kommen in den Resilienz-Werkzeugkasten, in dem sinnvolle erste Schritte für die Vorbereitung auf eine volatile Zukunft gesammelt – und zur Nachahmung vorgeschlagen – werden.“

Resilienz in der Ökonomie und Ökologie:

„Diversität und Resilienz“ war das Motto des Europäischen Forum Alpbach 2018, wobei es auch in der Ökologie Auseinandersetzungen mit Resilienz gibt. Auch hier bedeutet Resilienz die Menge an Belastungen, die ein System absorbieren kann, ohne dass es sich grundsätzlich verändert und instabil wird, und sich unter widrigen Umständen anpassen kann: „Wenn ein Wald nach einem Brand trotzdem noch ein Wald bleibt, dann ist dieses Ökosystem resilient. Anders wenn der Wald in Folge einer Störung zu einer Wiese wird.“ Ein Wald mit unterschiedlichen Pflanzen etwa ist gegenüber negativen Umwelteinflüssen widerstands- und anpassungsfähiger als eine Monokultur.

Kritik am Konzept der Resilienz: Manchen kritisieren den Hype, der um die Resilienz entstanden ist. Ratgeberliteratur, Podcasts, Workshops und Apps dazu boomen. Resiliente Menschen besitzen die Fähigkeit, mit Belastungen gut umgehen zu können und sich von traumatischen Ereignissen zu erholen, wobei es gilt, einen psychischen Normalzustand möglichst gut aufrechtzuerhalten oder ihn rasch wiederherzustellen. Doch dieser Ansatz lässt gesellschaftlich bedingte Ungerechtigkeiten außer Acht, denn statt politische Maßnahmen zu ergreifen, wird die Bewältigung krisenhafter Lebensphasen auf die Schultern einzelner Menschen abgewälzt. So gilt Resilienz als gefragtes Persönlichkeitsmerkmal im modernen Wettbewerb um Beruf, Ausbildung und in anderen Sphären des Alltags, denn glücklich, stark und belastbar zu sein, gilt als die Norm.

Wer Schwächen und Misserfolge nicht als versteckte Stärken und als Chance zum persönlichen Wachstum verkauft, gilt als Versager, d. h., man muss heute die Maske des Zufriedenseins tragen, denn sonst verliert man den Kredit auf dem Markt, sonst ist man kein normaler Mensch, kein tüchtiger Mensch. Doch hinter dieser Maske verbergen sich häufig ein Unbehagen und unterdrückte Gefühle, denn viele Menschen in unserer Gesellschaft leiden unter Unruhe, Gereiztheit, Existenzsorgen, Depressionen, Schlaflosigkeit und Unglücklichsein.

Das Narrativ, die Widerstandskraft gegen diese Zustände ließe sich trainieren, vermittelt den Betroffenen, dass sie nicht belastbar genug sind und dass sie, wenn sie sich nur etwas mehr bemühten, mit ihren Leiden in Zukunft besser zurechtkämen. Statt von Vorgesetzten diszipliniert zu werden, tut man es im Sinne der Resilienz ganz von selbst und aus voller Überzeugung und wertet somit negative, doch lebendige Erfahrungen ab.
Dieser Ansatz verkennt, dass die Widerstandsfähigkeit eines Menschen von vielen Faktoren abhängt, auf die man keinen oder nur geringen Einfluss hat, etwa die existenzielle Lebenssituation, den gesundheitliche Zustand, erlebte Krisen und Traumata, das soziale Umfeld, den gesamte Erfahrungshintergrund. Ein Mensch, der neben seinen Existenzsorgen auch noch mit einer Krankheit zu kämpfen hat, wird kaum besser damit zurechtkommen als ohne diese Sorgen.

Diese Psychologisierung gesellschaftlicher Probleme lenkt die Aufmerksamkeit weg von der eigentlichen politischen Verantwortung und hin zur Selbstverantwortlichkeit, denn statt zu kollektivem Handeln zu ermutigen, wird den Menschen weisgemacht, dass alles besser sein könnte, wären sie selbst nur resilienter. Resilienz lässt sich daher erfolgreich vermarkten, wobei unterschwellig übermittelt wird, dass es im eigenen Interesse läge, widerstandsfähiger zu werden, um krisenhafte Situationen besser bewältigen zu können (zusammengefasst nach van den Ecker, 2020;).
Zum Begriff Resilienz: Der Begriff der Resilienz („resilire“ bedeutet „zurückspringen“ oder „abprallen“) stammt ursprünglich aus der Physik bzw. der Werkstofflehre und bedeutet dort so viel wie „in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehren“, wobei damit die Eigenschaften von Materialien beschrieben werden, elastisch und flexibel auf äußere Einwirkungen zu reagieren und dabei dennoch ihre Form zu bewahren, aber auch unter starker Spannung nicht zu reißen oder zu zerbrechen.

Anmerkung: Resilienz ist aktuell übrigens dabei, wie andere leicht popularisierbare Phänomene der Psychologie in Form ihrer Trivialisierung nicht nur zu einer belanglosen Modeerscheinung zu verkommen, sondern birgt auch Gefahren, denn Resilienz ist gesellschaftlich und individuell betrachtet sicherlich keine Strategie, um die Ursachen von Krisen oder Problemen zu bekämpfen. Setzt sich im Kopf der Menschen nämlich einmal der Gedanke fest, man müsse nur flexibel und anpassungsfähig sein, sich manchmal ein wenig biegen oder verbiegen, dann könne man auch schwierige persönliche und gesellschaftliche Krisen unbeschadet überstehen, dann verleitet das viele Menschen dazu, sich mit scheinbar unabwendbaren Gegebenheiten zu arrangieren, statt sich dagegen zu wehren und zu versuchen, die Gegebenheiten zu verändern.

 

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