Angst

Ängste gehören zum Leben

Sie treten in den unterschiedlichsten Situationen und Zusammenhängen auf, weisen auf drohende Gefahren hin und haben damit eine wichtige Schutzfunktion für uns Menschen. Kritisch wird es erst, wenn aus normalen Ängsten Angst- störungen werden, die das Leben stark beeinträchtigen.

Angststörungen sind bei Frauen noch vor Depressionen die häufigste psychische Störung. Bei Männern, nach dem Alkoholmissbrauch immerhin die zweithäufigste psychische Störung. In klinischen Stichproben sind Panikstörungen und Agoraphobie die häufigsten Angststörungen, gefolgt von sozialen Phobien, während in der Allgemeinbevölkerung soziale und spezifische Phobien am weitesten verbreitet sind. Laut umfangreichen aktuellen Befragungen litten in Deutschland etwa 15 % der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens unter einer Angststörung.

Wie bei den meisten psychischen Erkrankungen kann man die Neurobiologie ( Neurotransmitter Pharmakotherapie), wie auch das Verhalten (Kognitive Verhaltenstherapie Desensibilisierung Expositionstherapie Konditionierung) mit dem Ziel der Heilung positiv beeinflussen.

Welche Angststörungen gibt es?

Menschen mit einer Panikstörung

haben ständig Angst vor der nächsten Panikattacke. Ihre Erwartungsangst vor einem Verlust der Kontrolle über den eigenen Körper bleibt auch dann bestehen, wenn ihnen durch Erfahrung und Information schon längst bewusst ist, dass sie durch eine Panikattacke weder sterben noch verrückt werden können.

Angst - Panikstoerung Abenteuer Psychologie
Agoraphobie Psychologie

Menschen mit einer Agoraphobie

fürchten nicht primär bestimmte Orte, sondern den Umstand, dass sie in diesen Situationen nicht entkommen könnten, keine Fluchtmöglichkeit hätten und keine Hilfestellung erhalten könnten. Dann wären sie in Form einer Panikattacke ihrem Körper hilflos ausgeliefert. Wenige negative Erfahrungen in bestimmten Situationen, ohne tatsächliche Gefährdung wirken abschreckender, als viele positive Erfahrungen, die diese nicht aufwiegen können.

Menschen mit spezifischen Phobien

fürchten nicht primär Tiere, Flugzeuge, Aufzüge oder medizinische Maßnahmen wie Spritzen oder Zahnbehandlungen, sondern den Umstand, dass sie in diesen Situationen Panikattacken bekommen könnten. Sie unterliegen dem Trugschluss, dass die Gefahr umso größer ist, je stärker ihre körperliche Erregung ist.
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Phobien - Angst in der Psychologie
Zwangsstörung - Psychologie Ferner

Menschen mit einer Zwangsstörung

wissen, dass ihre Wasch- und Reinigungszwänge krankhaft sind. Der Versuch ihre Rituale zu unterbrechen, löst jedoch panikartige Zustände aus, was dann Schlimmes passieren könnte, sodass sie ihre Zwänge weiterhin ausüben. Die körperlichen Symptome sind stärker als das Wissen, dass die befürchteten Katastrophen, an denen sie schuld sein könnten, höchst wahrscheinlich nicht eintreffen werden.

Menschen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)

fürchten nicht bestimmte Situationen an sich, sondern bestimmte Orte, weil dort schmerzhafte Erinnerungen an einschneidende Erlebnisse aufkommen könnten, mit allen nur erdenklichen körperlichen und psychischen Zuständen. Bereits Erinnerungen daran reichen aus, um ein massives Unwohlsein zu erleben, was wieder zur Verdrängung führt.

Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)
Angststörung oder Hypochondrie

Menschen mit einer generalisierten Angststörung oder Hypochondrie

leben mit ständigen Sorgen und Befürchtungen, es könnte etwas Schlimmes passieren, das sie nicht unter Kontrolle haben. Am liebsten möchten sie alle Sorgen verdrängen, weil sie fürchten, sonst nicht abschalten zu können oder eine Panikattacke zu bekommen. So werden unangenehme Emotionen vermieden, ähnlich wie beim offenen Vermeidungsverhalten von Menschen mit einer Phobie.

Ursachen: Wie kommt es zu einer Angststörung?

Zu Ängsten kommt es, wenn Situationen oder körperliche Symptome, die an sich ungefährlich sind, als gefährlich oder bedrohlich eingestuft werden. Herzklopfen wird beispielsweise als Herz Infarkt missinterpretiert, oder Schwindel als bevorstehende Ohnmacht. Dies führt zu einer vermehrten Anspannung, die wiederum die Symptome der Angst und die Angstgedanken verstärken. So entsteht eine Art Teufelskreis, der immer wieder durch Situationen oder körperliche Symptome ausgelöst werden kann. Zum einen speist sich der Angstkreislauf immer wieder von selbst, zum anderen führt die Fluchtreaktion dazu, dass der Betroffene nicht die heilende Erfahrung machen kann, die Angst zu bewältigen. Schlimmer noch: er glaubt, dass wenn er der Angst nicht ausweicht die unvermeidliche Katastrophe eintritt, zum Beispiel ein Herzinfarkt. Dieser Gedanke setzt sich im Gedächtnis fest und führt zu noch größerer Erwartungsangst bei der nächsten Situation.

Symptome, die auf eine Angsterkrankung hindeuten

Die Symptome der Angst sind sehr vielfältig und mitunter äusserst unangenehm.  Medizinische Notfälle oder lebensbedrohliche Ereignisse treten jedoch so gut wie nie auf.

Typische Symptome der Angststörung sind:

Herzrasen oder störendes Herzklopfen (Palpitatationen), Schweißausbrüche, fein-oder grobschlägiges Zittern, Mundtrockenheit, Atembeschwerden, Beklemmungsgefühl, Schmerzen oder Missempfindungen in der Brust, Übelkeit, Schwindel, Unsicherheit, Schwäche oder Benommenheit, Depersonalisation (sich weit weg, oder nicht ganz da fühlen), Derealisation (Objekte und Gegenstände erscheinen unwirklich), Angst vor Kontrollverlust, Angst verrückt zu werden, Angst zu sterben, Hitzewallungen oder kalte Schauer, Gefühllosigkeit oder Kribbel- gefühle, Muskelverspannung, akute und chronische Schmerzen, Ruhelosigkeit und Unfähigkeit sich zu entspannen, aufgedreht sein, Nervosität, psychische Anspannung, Klossgefühl im Hals oder Schluckbeschwerden, übertriebene Reaktion auf Erschrecken, Konzentrationsschwierigkeiten, Leeregefühl im Kopf wegen der ständigen Sorgen oder Ängste, anhaltende Reizbarkeit, Einschlafstörungen wegen der ängstlichen Besorgtheit, Erröten oder Zittern (Angst, dadurch negativ aufzufallen), Angst zu erbrechen, Harn,– Stuhldrang bzw. die Angst davor.

Angst tritt aber auch oft im Rahmen einer Depression auf, wobei hier gleichzeitig die Grunderkrankung therapiert werden muss.

Erkennen Sie mindestens vier dieser Symptome bei sich selbst, dann geht es hier zur Selbsthilfe

Entstehung der Angst

Neurobiologische Modelle zur Angstentstehung

Alle psychischen Prozesse gehen ununterbrochen mit Aktivitätsmustern des Gehirns einher. Die körperlichen Grundlagen der Angstentstehung können nach vier verschiedenen Aspekten unterteilt werden.

 

  1. vererbte Reaktionsbereitschaft (angeborene Schreck – und Angst Reaktionen),
  2. neuroanatomische Ursachen (Gehirnstruktur),
  3. biochemische Ursachen (Neurotransmitter Wirkungen),
  4. metabolische Ursachen (Stoffwechselstörungen),

1. Angst als vererbte Reaktionsbereitschaft

Es gibt zahlreiche angeborene Schreck – und Angstreaktionen, auf entsprechende auslösende Schlüsselreize, die im Tierreich gut untersucht sind. Solche primären Ängste sind in Ansätzen auch bei uns Menschen vorhanden, z.B als Abwehr oder Fluchtreflex (Zurückschrecken vor einem Abgrund, Schreckreaktion bei uns unbekanntem Lärm.
Angeboren sind zum Beispiel folgende Angst Reaktionen:

  • die Angst vor dahinkriechenden Tieren im Wald, obwohl wir vom Verstand hier wissen, dass giftige Schlangen in unseren Breiten nicht zu erwarten sind.
  • die Angst vor Blitz und Donner, obwohl Blitzableiter Sicherheit gewähren.
  • die Angst vor Dunkelheit, und zwar auch an Orten, die man bei Tage problemlos aufsuchen und in der Nacht beleuchten kann.
  • die Angst vor Höhen, z.B. Flugangst, obwohl fliegen sicherer als Autofahren ist.

Nach der Theorie der Preparedness (Biologische Vorbereitung von Verhaltensweisen) von Seligman werden nicht alle Verbindungen von Reiz und Reaktion im Sinne der klassischen Konditionierung nach dem Zufallsprinzip gleich schnell erlernt, sondern es besteht eine biologisch-evolutionär bedingte Vorgeformtheit, sowie eine artspezifisch, unterschiedliche Erlernbarkeit bestimmter Konditionierungen. Dies bedeutet, dass bestimmte Ängste eher angeboren sind als andere.

Die Dunkel- Angst ist besonders häufig. Im Rahmen der Evolution bedeutet Dunkelheit Gefahr von Seiten eines nicht erkennbaren Feindes. Im Zeitalter des elektrischen Lichtes ist die Dunkel- Angst dennoch geblieben. Die Angst vor Dunkelheit, vor bestimmten Tieren, vor Blitz und Donner, vor Höhe und anderen ist nur im Rahmen ihrer evolutionären Bedeutung verständlich. Viel gefährlichere Lebensbedingungen (e.g. Stromanschlüsse, Autofahren, Giftstoffe, Waffen), die im Rahmen der Evolution noch recht neue Erfahrungen für den Menschen darstellen, fürchten wir dagegen nicht im eigentlich nötigen Ausmaß.

Biologisch- evolutionär vorgeformte Phobien unterscheiden sich von konditionierten Furchtreaktionen durch folgende Punkte:

  • Selektive Bindung an bestimmte Situationen. Es gelingt in der Regel außerordentlich schnell, bei Menschen durch klassische Konditionierung eine Schlangen –, Hunde – oder Vogelfurcht zu erzeugen. Es bereitet jedoch große Schwierigkeiten, einen Türgriff, ein Musikinstrument, einen Fernseher oder eine Stereoanlage zu einem konditionierten Angstauslöser werden zu lassen.
  • Große Löschungsresistenz. Evolutionär vorgeformte Phobien (z.B. Tierphobien) lassen sich oft nur schwer löschen, während konditionierte Furchtreaktionen ohne neuerliches Auftreten des unkonditionierten Stimulus schon nach wenigen Durchgängen gelöscht werden können.
  • Sehr rasche Konditionierung. Oft reicht schon ein einziges traumatisches Ereignis aus, während bei Konditionierungsversuchen im Labor immer mehrere Lerndurchgänge notwendig sind.
  • Irrationalität. Informationen und Überzeugungsversuche hinsichtlich der Ungefährlichkeit des Objektes, oder der Situation bewirken oft keine Angstreduktion, während sich der Erwerb und die Löschung konditionierter Furchtreaktionen leicht durch verbale Anweisungen beeinflussen lassen.

Angststörungen sind nicht angeboren, eine allgemein höhere Angstbereitschaft (Angstdisposition, Prädisposition, Vulnerabilität) und eine physiologische Labilität können jedoch vererbt sein. Panikattacken sind ebenfalls nicht angeboren, sondern nur die personenspezifischen Voraussetzungen für Panikattacken.

Angeborene Kreislauf-Labilität.
Viele Angst-Patienten haben einen angeborenen, niedrigen Blutdruck, leiden unter orthostatischer Hypotonie bzw. zeigen eine angeborene Bereitschaft zu leichter Veränderlichkeit der Blutgefäße. Bei Belastung kommt es dann zu noch stärkerer Gefäßerweiterung und damit zu Schwindelzuständen als Folge eines zu niedrigen Blutdrucks und einer Sauerstoff- unterversorgung des Gehirns.

Übersensibilität gegenüber Kohlendioxidüberschuss, was oft zu Atemveränderungen führt.

Psychische Sensibilität.
Viele Angstpatienten reagieren sehr schnell auf äußere oder innere Reize, d.h. sie weisen eine höhere Sensibilität gegenüber körperlichen Veränderungen auf, als andere Menschen. Die angeborene, rasche psychovegetative Erregbarkeit kommt insbesondere angesichts möglicher Gefahren zum Tragen.

Sehr bildhafte Vorstellungskraft.
Die angeborene, oft überdurchschnittliche Fähigkeit zur bildhafte Vorstellung von Situationen aktiviert den Körper im Falle von Angstinhalten, wie bei einer realen äußeren Bedrohung. Das Gehirn unterscheidet nicht mehr zwischen äußeren und inneren angstauslösende Reizen, sondern aktiviert den Körper in beiden Fällen auf die gleiche Weise. Die Angstinhalte sind nicht angeboren, sondern erlernt durch Vorbilder von Kindheit an. (Über ängstliche Mutter, wegen Schwindel und Kreislaufproblemen ständig bettlägerige Mutter, um sein Herz besorgter Vater, asthmakranker Bruder). Aus neurobiologischer Sicht weisen viele Angst-Patientin eine Überaktivierung der rechten Gehirnhälfte auf, die für die visuell – figurale und die emotionale Informationsverarbeitung zuständig ist. Panik-Patientin mit rechts- frontaler Überaktivierung reagieren daher leichter auf emotional negative Einflüsse.

 

2. Neuroanatomische Ursachen für Angststörungen

Gegenwärtig gibt es verschiedene neurobiologische Theorien zur Erklärung von Angststörungen, die sich einerseits auf die neuroanatomischen Gehirn-Strukturen und andererseits auf die Reizweiterleitung von einem Nerv zum anderen mittels Überträgerstoffen (Neurotransmitter) beziehen.

Struktur und Funktion des Nervensystems

Das Nervensystem gilt als das Organ des Erlebens und Verhaltens. Topographisch (der Lage nach) wird das Nervensystem in zwei große Bereiche unterteilt.

  1. Zentrales Nervensystem. Es besteht aus Gehirn und dem Rückenmark. Das Rückenmark dient vor allem als Durchgangstation und enthält die Nervenfasern vom Gehirn und zum Gehirn mit den dazugehörigen Nervenzellen. Die meisten Nervenfasern werden auf dem Weg vom Gehirn zu den jeweiligen Körperregionen in bestimmten Nervenzellen zwei bis dreimal umgeschaltet.
  2. Peripheres Nervensystem. Es umfasst alle Nervenzellen und – Fasern außerhalb von Gehirn und Rückenmark.
    Funktionell wird das Nervensystem in zwei Bereiche unterteilt:
    A. Cerebrospinales oder somatisches Nervensystem.
    Es regelt die Beziehung zur Umwelt, ermöglicht Empfindungen und Bewegungen und ist willentlich beeinflussbar. Die Sinnesorgane (sensorisches System) nehmen Informationen aus der Umwelt auf und leiten diese zum Gehirn und Rückenmark weiter (afferente, zentripetale oder sensible Leitung). Die Reaktion darauf erfolgt in Form der Willkürmotorik (motorisches System), die durch die quer gestreifte Muskulatur gesteuert wird (efferente, zentrifugale oder motorische Leitung).
    B. Vegetatives oder autonomes Nervensystem. Es steuert alle inneren Vorgänge und Abläufe des Körpers, regelt zahlreiche lebenswichtige Körperfunktionen und arbeitet dabei unwillkürlich durch die glatte Muskulatur. Das zentrale Nervensystem wirkt über vegetative Efferenzen auf Eingeweideteile (innere Effekttoren, Drüsen) ein. Eingeweideteile (innere Rezeptoren) geben ihre Informationen über viszerale Afferenzen an das zentrale Nervensystem weiter. Das vegetative Nervensystem außerhalb des Gehirns besteht aus zwei Untersystemen:

A. Sympathisches Nervensystem zur Aktivierung,
B. Parasympathisches Nervensystem zur Beruhigung und Regeneration.

Ein Ungleichgewicht im Zusammenspiel dieser Einheiten kann zu psychischen Veränderungen mit Angst und Panik führen.

Das menschliche Gehirn enthält in seinem Aufbau die ganze Evolutionsgeschichte – von den einfachsten Tierarten, bis hin zum Menschen. Es besteht im Wesentlichen aus folgenden Teilen: Hirnstamm – Kleinhirn – Mittelhirn – Zwischenhirn – Großhirn (Endhirn).

Hirnstamm

Der Hirnstamm umfasst das verlängerte Rückenmark (Medulla oblongata), die Brücke (Pons) und das Mittelhirn (Mesencephalon).
Auch verläuft eine Reihe diffus verteilter Kerngebiete im Hirnstamm, hierzu zählen unter anderem das ARAS (= aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem), das Brechzentrum, das Atemzentrum, außerdem erhalten diese Kerngebiete wichtige Informationen über sensible und motorische Reize, wie Schmerz, Temperatur, Druck, Berührung, sowie Sehen und Hören. Das retikuläre System spielt zudem eine bedeutende Rolle für den Zustand der Bewusstseinslage, d.h. sowohl für einen aufmerksamen Wachzustand, als auch für den Schlaf-, Wachrhythmus.

Kleinhirn

Lange galt unser Kleinhirn nur als Zentrale für die Bewegungssteuerung. Doch inzwischen ist klar, dass dieses rundliche, stark gefurchte Gebilde an der hinteren Schädelbasis auch an nahezu allen höheren Hirnfunktionen beteiligt ist– von der Aufmerksamkeit über Entscheidungsprozesse bis zur Planung von Aktionen. Zudem wertet das Cerebellum ständig Signale unserer Sinnesorgane aus – und dies auf überraschend effektive Weise.

Mittelhirn

Das Mesencephalon (Mittelhirn) ist ein Abschnitt des zentralen
Nervensystems zwischen Rautenhirn und Zwischenhirn.

In ihrer Gesamtheit sind sowohl der Nucleus ruber als auch die Hirnnervenkerne an der Motorik beteiligt. Sie arbeiten sehr eng mit den Kerngebieten im Rautenhirn zusammen.
Mittelbar sind sowohl Kerngebiete für die Augenmuskeln (Colliculi superiores) ,als auch solche des Gehörs und Gleichgewichtes (Colliculi inferiores) notwendig, um die benötigten Informationen für den Abgleich des Ist- und Soll-Zustand zum Cerebellum zu liefern.
Der Nucleus ruber vermittelt damit von zentral kommende Impulse zum Abgleich mit dem Cerebellum und sendet modulierende und Interneurone sowie Motoneurone ansteuernde Informationen zum Rückenmark. Damit ist er sowohl an der Willkür- als auch an der Stütz- und Haltemotorik beteiligt.

Zwischenhirn

Bestandteile des Zwischenhirns (Diencephalons) sind unter anderem:
Epiphyse, Neurophyse, Thalamus (Tor zum Bewusstsein), Hypothalamus und Subthalamus.

Die Funktionen der Komponenten des Diencephalons sind vielfältig, dennoch lassen sich einzelne Schwerpunkte hervorheben. Dazu zählen:
• Beteiligung am motorischen System (Subthalamus)
• Sensorik (N. opticus und Retina sowie Corpora geniculata laterale et mediale), die mittelbar dem motorischen System dient
• Bewusstsein, Filterung sensorischer Eingänge und Verschaltung sensomotorischer Impulse (Thalamus)
• neuroendokrine Regulation und chronobiologische Aktivität (Hypothalamus, Neurohypophyse)
• Steuerung des Tag-Nacht-Rhythmus (Zirbeldrüse)

Thalamus als zentrale Schaltstelle

Für eine Vielzahl von Funktionen ist der Thalamus Ort der Umschaltung. Dies betrifft sensorische, sensible und motorische Bahnen. Daher wird er auch als „Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet.
Werden Impulse aus sensorischen oder sensiblen Systemen nicht im Thalamus umgeschaltet, werden sie nicht bewusst wahrgenommen. Dies gilt vor allem für bestimmte Reize, die auf das Riechsystem einwirken und die unter Umgehung thalamischer Umschaltung direkt in verschiedene Bereiche des Mesencephalons und Telencephalons projizieren, allen voran Pheromone.

Großhirn

Das Cerebrum, auch bekannt als Groß- oder Endhirn, ist der größte Teil des Gehirns und stammt embryologisch vom Telencephalon ab. Es besteht aus zwei Gehirnhälften (rechte und linke), die durch eine tiefe Längsfissur, der Fissura longitudinalis cerebri getrennt sind. Zwischen den beiden Gehirnhälften befindet sich eine quer verlaufende Faserverbindung, das Corpus callosum (Balken).
Das Großhirn ist von mehreren dünnen, schützenden Membranen umgeben, die als Meningen (Hirnhäute) bezeichnet werden. Die unterschiedlichen Schichten dieser Membranen sind durch Hohlräume voneinander abgegrenzt, welche mit Liquor cerebrospinalis gefüllt sind.

Jede Gehirnhälfte besteht aus fünf Lappen:
• Frontallappen (Lobus frontalis)
• Parietallappen (Lobus parietalis)
• Temporallappen (Lobus temporalis)
• Okzipitallappen (Lobus occipitalis)
• Insellappen (Lobus insularis)

Der Frontallappen ist der vorderste Teil des Großhirns. Er ist an der Muskelkontrolle, dem höheren Intellekt, der Persönlichkeit, der Stimmung, dem sozialen Verhalten und der Sprache beteiligt. Durch die Zentralfurche, dem Sulcus centralis, ist er vom Parietallappen getrennt, durch den Sulcus lateralis cerebri (Sylvische Fissur) vom Temporallappen. Wichtige Windungen sind der Gyrus praecentralis, die Gyri frontalis inferior, superior und medius, sowie die Gyri orbitales.
Der gesamte Frontallappen wird durch zwei Äste der A. carotis interna versorgt: die Arteria cerebri anterior und cerebri media.

Der Parietallappen befindet sich zwischen dem Frontal- und dem Okzipitallappen und ist durch den Sulcus parietooccipitalis von letzterem getrennt. Er ist an der Sprache, unserem Zahlenverständnis und der Wahrnehmung von verschiedenen Empfindungen wie Berührung, Schmerz und Druck beteiligt.

Der Temporallappen. Er ist für das Gedächtnis, die Sprache und das Hören verantwortlich. Er liegt unter den anderen beiden Lappen.

Der Okzipitallappen ist der hinterste Teil des Großhirns und ist an der Verarbeitung visueller Reize beteiligt.

 

3. Biochemische Ursachen der Angst ( Neurotransmitter)

Angst und Stress sind körperlich das Selbe. Viele Situationen können Angst – und Stressreaktionen auslösen. Körperliche Stresssituationen sind e.g. Verletzungen, Operationen Verbrennungen, Kälte, Schmerz, Sauerstoffmangel, niedriger Blutzucker. Psychische Stressreaktionen sind unter anderem Ärger, Angst, Leistungsdruck, Freude, Verliebtsein.
Der Körper unterscheidet nicht, ob es sich um positiven Stress (Eustress), zum Beispiel Freude oder negativen Stress (Disstress), zum Beispiel Schmerzen oder Angst handelt. Die Reaktionskette des Organismus ist immer die Selbe. Kurzzeitiger Stress ist keineswegs ungesund. Ob Stress zur gesundheitlichen Belastung wird ist immer abhängig von Dauer und Kompensationsmöglichkeiten. Entstehung von Stress gliedert sich in zwei gleichzeitig verlaufende Reaktionen:
Der Hypothalamus reagiert auf stress-und angstauslösende Situationen mit der Ausschüttung von CRH (Corticotropin releasing Hormon). Das Hormon CRH stimuliert die Hypophyse zur Ausschüttung von ACTH ( adrenocorticotropes Hormon). ACTH wiederum regt die Nebennierenrinde zur Ausschüttung von Glucocorticoiden an. Die bekanntesten Glucocorticoide sind Cortisol und Cortison. Diese wirken regulierend auf den Fett –, Kohlenhydrat – und Eiweißstoffwechsel.
In der zweiten Reaktionskette wird über den Nervenstrang des Sympathikus das Nebennieren Mark aktiviert. Dies schüttet dann innerhalb von Sekunden eine Mischung von 80 % Adrenalin und 20 % nur Nordrenalin aus.

Adrenalin und Noradrenalin gehören zu den Katecholaminen und sind Nervenbotenstoffe (Neurotransmitter), die auf den Sympathikus erregend einwirken. Sie beschleunigen kurzfristig die Energiebereitstellung. Das zeigt sich in einer beschleunigten Herztätigkeit, Erhöhung des Blutdrucks, Freisetzung von Glukose und verstärkter Durchblutung der Muskulatur.
Normalerweise werden Adrenalin und Noradrenalin fortlaufend in kleinen Mengen in das Blut sezerniert. In Stress – und Angst Situationen allerdings kommt es zu einer hochdosierten Ausschüttung. Die wichtigste Aufgabe der in einer Alarmsituation freigesetzten Hormone Adrenalin und Noradrenalin besteht darin, gespeicherte chemische Energie wie Fett oder Glucose zu mobilisieren und die Glukoseaufnahme in die Körperzellen zu unterstützen, um der vermehrten Muskeltätigkeit ausreichend Energie zur Verfügung zu stellen. Denkvorgänge werden unterdrückt beziehungsweise blockiert. Dies ist der Grund warum es in Prüfungssituationen bei einigen Menschen zu einer Denkblockade kommen kann, bei der auch sicheres Wissen plötzlich verschwunden ist.
Die zweite Reaktionskette wirkt kurzfristig. Bei langfristigem Stress und Angst überwiegt die erste Reaktionskette. Normalerweise baut sich eine Angst Reaktion schnell auf und auch schnell wieder ab. Nicht abgebaute Angst wirkt lange nach und der Körper kann nicht zu seinem normalen Gleichgewicht zurück finden. Im Gegenteil: ist der allgemeine Erregungszustand dauerhaft erhöht so können Stress – und Angstsituationen, die früher die „Angstschwelle“ nicht erreicht haben, jetzt zu einer heftigen Angst Reaktion führen, die weit über der Angstschwelle liegt. Menschen, deren allgemeine Erregungslage durch nicht abgebaut Ängste dauerhaft erhöht ist, können folgende Symptome zeigen:

  • der Blutdruck ist erhöht,
  • der Puls ist schnell,
  • die Muskeln sind verkrampft, oder verspannt
  • die Magensäurebildung ist hoch (Stressgastritis),
  • die Fortpflanzungsorgane arbeiten vermindert (Libidoverlust),
  • die Verdauungsorgane sind schlecht durchblutet (Maldigestion).

Die Neurotransmitter des zentralen Nervensystems sorgen dafür, dass sich der Organismus des Menschen an die verschiedenen Lebenssituationen adäquat anpassen kann. Dabei agieren die Transmitter als sogenannte Botenstoffe, indem sie die elektrischen Signale am Ende eines Nerves in chemische Signale umwandeln, damit die Weiterleitung zu den anschließenden Nerven stattfinden kann. Im vegetative Nervensystem regeln die Neurotransmitter beispielsweise jegliche Körpervorgänge, die nicht ständig und bewusst wahrgenommen werden (z.B. Vitalfunktionen, Stoffwechsel und Verdauung). Grundsätzlich unterscheidet man zwischen anregenden (z.B. Nordrenalin) und dämpfenden Neurotransmitter (z.B. GABA, Serotonin). Die meisten Neurotransmitter werden aus den Aminosäuren L – Tryptophan, L – Thyrosin und L – Glutamin gebildet.
Wenn das ausgewogene Verhältnis im Bereich der Botenstoffe des Gehirns aus dem Gleichgewicht gerät, wird dieser Zustand als Stress mit Angst bezeichnet. Auslöser sind sehr häufig einzelne oder verschiedene Stressoren, die von außen einwirken (z.B. berufliche oder private Überforderung), aber auch körpereigene Gründe haben können (z.B. Krankheit). Stress beeinflusst nicht nur die beteiligten Hormone wie das Cortisol, sondern wirkt sich auch auf die Bereitstellung der verschiedenen Neurobotenstoffe aus. Wichtig ist dabei, nicht nur genügend Aminosäuren zur Verfügung zu stellen, sondern auch auf eine gute Versorgung mit B-Vitaminen zu achten. Besonders die Vitamine B6, B12 und Folsäure sind für die psychische Gesundheit essenziell. Vitamin B6 und Vitamin B12 leisten einen großen Beitrag für eine normale Funktion des Nervensystems. Folsäure trägt zu einer normalen Aminosäuresynthese bei.

4. Metabolische Ursachen der Angst

Zu den metabolischen Ursachen der Angst zieht man jene Bereiche die vom Stoffwechsel abhängig sind. Dazu kann man die Zustände bei einer Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), Hypoglykämie (Unterzuckerung) und Hyperventilation zählen.

Hyper-, Hypothyreose

Der Schlüssel zu seelische Gesundheit ist die korrekte Ausschüttung der Menge an Schilddrüsenhormonen, vor allem T3 und T4.
Eine gesunde Schilddrüse produziert pro Tag etwa 80-100 µg T4 und 10-50 µg T3.
Wann und in welcher Menge die Schilddrüse die ein gespeicherten Hormone den Körper zur Verfügung steht, wird vom Gehirn gesteuert: und zwar vom Hypothalamus (ein Teil des Zwischenhirn) und der Hypophyse (Hirnanhangdrüse). Die Hirnanhangdrüse ist sozusagen die erste übergeordnete Zentrale. Sie ist die Dirigentin des hormonellen Regelkreises, in denen die Schilddrüse eingebunden ist. Denn sie bildet das Hormon TSH (Thyroid Stimulating Hormon), dass die Schilddrüse in ihrer Hormonproduktion anregt. Befindet sich zu wenig Schilddrüsenhormon im Blut wird die TSH – Produktion erhöht und damit die Schilddrüse zu mehr Arbeit angeregt. Ist die Schilddrüse dagegen zu aktiv, wird die Hirnanhangdrüse TSH vermindern und damit die Schilddrüsenfunktion herunterregulieren. Vereinfacht ausgedrückt wird die Schilddrüse wie das Gaspedal unseres Körpers: bei zu viel an Hormonen (Schilddrüsenüber- funktion) laufen Körper und Seele übertourig, bei zu wenig Hormonen (Schilddrüsenunterfunktion) entsprechend untertourig. Die Schilddrüse ist Teil eines komplizierten Regelkreises, durch den die Hormonausschüttung im Gleichgewicht gehalten werden soll. Ist der Hormonhaushalt gestört, kann schnell der gesamte Organismus aus dem Lot geraten.
Schilddrüsenhormone beeinflussen auch den Stoffwechsel der Gehirn –, Nerven – und Muskelzellen. Bei einer Hyperthyreose kommt es zu einer gesteigerten Hirnaktivität, nervaler Erregbarkeit und gesteigerter Muskelspannung. Symptome im Einzelnen können dann schwitzen Unfähigkeit zur Entspannung, Schlafstörungen, Herzrasen oder Vorhofflimmern sein. Viele Patienten klagen über Durchfälle, Gewichtsverlust, Müdigkeit und Schwäche.
Diese Symptome selbst sind denen einer Angststörung sehr ähnlich.
Entsprechend ist bei einer Unterfunktion der Gehirnstoffwechsel, die Leistungsfähigkeit, so stark reduziert, dass das klinische Bild einer Depression stark ähnelt.

Hypoglykämie

Die Schilddrüsenhormone beeinflussen den Kohlenhydrate, Fett, Eiweiß, Knochen und Nervenstoffwechsel. Eine Schilddrüsenüberfunktion führt zu einer verstärkten Aufnahme von Glukose (Zucker) aus dem Darm, zu einer vermehrten Freisetzung von Zucker aus der Leber und dadurch zu einem Anstieg des Blutzuckersspiegels mit der Folge einer vermehrten Insulin – Ausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse. Andererseits mobilisiert Adrenalin letzte verbleibende Glucose aus Muskeln und der Leber. Der Körper stellt somit sicher, dass das Gehirn immer ausreichend mit Glukose versorgt ist.

Hyperventilation

Als Hyperventilation bezeichnet man eine unphysiologisch tiefe, oder beschleunigte Atmung, die zu einer Verminderung des CO2 Partialdrucks führt. Durch die vermehrte Abatmung des Kohlendioxids kommt es bei der Hyperventilation zu einer respiratorische Alkalose. Diese bewirkt eine höhere Plasma Eiweißbindung des Serumkalziums und eine Abnahme des physiologisch aktiven, isolierten Kalzium. Die Symptome bei akute Hyperventilation sind hauptsächlich durch die Hypokalziämie (zu niedriger Kalziumspiegel) bedingt.
Atmet der Betroffene in Stresssituationen also zu flach und zu häufig, kann es zu Symptomen wie Muskelkrämpfe, Lähmungserscheinungen, Schwindel und Angstgefühlen kommen.

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