Nase, Hals, Stimme und Psyche

Wenn sich alles um
Nase, Hals und Stimme dreht

Die Nase ist das Organ des Geruchssinns und der Beginn der Atemwege.

Von allen Sinnesorganen ist der Geruchssinn stammesgeschichtlich der älteste.

Wir können die Augen schließen und die Ohren verstopfen, aber Gerüchen können wir uns nicht entziehen.

Weil wir atmen müssen, müssen wir auch riechen, was an guten und schlechten Düften in uns einströmt.

Die einströmende Luft passiert die Riechschleimhaut in der Nasenhöhle, wo Millionen von Sinneszellen auf feinen Härchen die Duftmoleküle einfangen und als elektrische Impulse an das Riechhirn weiterleiten.

Geruchsinformationen gelangen zuerst direkt in das limbische System des Gehirns und lösen dort unmittelbar Gefühlsreaktionen aus.

Nase Psyche

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Gerüche bewirken stark gefühlsbetonte Sinneseindrücke; deren lust- oder unlustbetonter Charakter wird auch im Gesichtsausdruck und im Verhalten durch Schnüffeln, Naserümpfen u.ä. sichtbar.

Gerüche können anregen, beruhigen, erfrischen oder ekeln.

Bestimmte Körpergerüche wirken anziehend oder abstoßend, sind Auslöser für Sympathie oder Antipathie und beeinflussen damit erheblich unsere Sozialbeziehungen.

Frauen haben gewöhnlich, zumindest in der Schwangerschaft, einen empfindlicheren Geruchssinn als Männer.

Gerüche aktivieren nicht nur Emotionen, sondern auch Erinnerungen, sodass wir uns bei bestimmten Gerüchen sofort in bestimmte angenehme oder unangenehme Situationen zurückversetzt fühlen.

Seelische Probleme in Verbindung mit dem Geruchssinn ergeben sich am häufigsten als Folge traumatischer Erfahrungen, wo etwa ein Brandgeruch bei einem Unfall immer wieder ungewollt erinnert wird, wie dies bei der so genannten posttraumatischen Belastungsstörung der Fall ist.

Der Hals umfasst den Rachen, den Anfangsteil der Speiseröhre und den Kehlkopf mit dem obersten Abschnitt der Luftröhre.

Im Inneren des Kehlkopfes befinden sich die Stimmbänder. Der Kehlkopf und die Stimmbänder bilden den wichtigsten Teil des Sprechapparates.

Der Stimmapparat ist das komplizierteste motorische System des ganzen Körpers.

An der Entstehung unserer Stimme sind an die hundert Muskeln und mehrere Organe beteiligt: das Zwerchfell und die Lunge, der Kehlkopf mit den Stimmlippen in der Mitte sowie der Mund-, Nasen und Rachenraum.

Ein Ton entsteht dadurch, dass die Ausatemluft durch den Kehlkopf streicht und die Stimmlippen zum Schwingen bringt. Eine gesunde Stimme beruht auf dem optimalen Zusammenspiel von Atmung, regelmäßigem Schwingungsverhalten der Stimmlippen, Körperspannung, Körperhaltung und psychischer Befindlichkeit. Die Stimme als physikalisches Phänomen besteht aus 100 bis 1000 Schwingung der Stimmlippen pro Sekunde. Jeder Mensch besitzt eine einmalige Stimme und kann daher leicht identifiziert werden.

Die Stimme ist Ausdruck der Befindlichkeit des ganzen Menschen.

Die Stimme ist tiefer bei Entspannung, höher bei Anspannung, überschlägt sich bei Erregung und bebt bei hoher emotionaler Anspannung.

Freude äußert sich in einer gut modulierten, volltönenden Stimme, Trauer hingegen in einer brüchigen, eher monotonen Stimme.

Die Stimme einer Person ist das Barometer ihrer Stimmung.

Der Stimmklang eines Menschen ist ein Gradmesser dafür, wie sehr er aus seiner Mitte heraus spricht und singt oder ob er unter Druck steht und körperlich bzw. psychisch geschwächt ist.

Die Stimme ist das wichtigste Kontaktorgan zur Umwelt und ermöglicht Dialog und Beziehung.

Stimmstörungen sind primär Kommunikationsstörungen und kein isoliertes Problem des Kehlkopfes oder des Stimmapparates.

Seelische Belastungen können sich auf die Stimmbänder auswirken und dazu führen, dass das Zusammenspiel von Atmung, Stimme und Artikulation gestört wird.

Ständige Heiserkeit oder große Anstrengung beim Sprechen können Ausdruck tieferer persönlicher Probleme sein.

Unsere Befindlichkeit kommt in Redewendungen zum Ausdruck, die mit den Bereichen Hals, Nase und Stimme zu tun haben.

Mitunter sind wir hochnäsig, verschnupft oder stinkt uns etwas.

Wenn uns etwas nicht passt, rümpfen wir die Nase oder wir haben die Nase gestrichen voll.

Manchmal haben wir einen guten Riecher oder werden wir von anderen an der Nase herumgeführt.

Oft beschnuppern wir jemanden ausgiebig, können ihn aber gar nicht riechen. Wenn wir überall unsere Nase hineinstecken, können wir auch einmal auf die Nase fallen.

Anderen sehen wir etwas sofort an der Nasenspitze an – oder wir müssen es ihnen aus der Nase ziehen.

Manchmal haben wir einen Frosch oder Kloß im Hals, bleibt uns das Lachen, ein Wort oder ein Bissen im Hals stecken.

Dann wieder schreien wir uns den Hals aus, platzt uns der Kragen, bekommen wir einen dicken Hals oder hängt uns etwas zum Hals heraus.

Oft halsen wir uns etwas auf, das uns den Hals kosten kann, aber im letzten Moment ziehen wir unseren Hals aus der Schlinge.

Mitunter haben wir etwas auf dem Hals, das wir uns mühsam von Hals schaffen müssen, oder wir möchten uns jemanden vom Hals halten, der uns am liebsten um den Hals fallen würde.

Wir recken öfter den Hals und können den Hals nicht voll genug kriegen.

Wir sprechen öfter aus voller Kehle oder schreien uns die Kehle aus dem Hals, doch ab und zu schnürt es uns die Kehle zu.

Wir können jemandem in die falsche Kehle geraten oder jemandem das Messer an die Kehle ansetzen.

Manchmal verschlägt es uns die Sprache oder bleibt uns die Spucke weg.

Wir sprechen im Brustton der Überzeugung und wollen den Ton angeben.

Manchmal bringen wir keinen Ton heraus; wir können dann keinen einzigen Ton von uns geben.

Wir pflegen einen „guten Ton“ oder vergreifen uns manchmal im Ton. Der Ton macht die Musik!

Störungen in den Bereichen Hals, Nase und Stimme kommen auch bei verschiedenen psychischen Störungen vor.

Angstpatienten leiden häufig unter einem Globusgefühl. Funktionelle Stimmstörungen findet man insbesondere bei depressiven Patienten, die häufig eine sehr leise und kraftlose Stimme haben.

Psychosomatisch relevante Störungen in den Bereichen Nase, Hals und Stimme

Funktionelle Störungen

Nichtorganische Störungen:

  • somatoformes Globusgefühl
  • dissoziative Riechstörung
  • vasomotorische Rhinopathie
  • dissoziative Stimmstörungen

Somatoformes Globusgefühl

Das nichtorganische Globusgefühl wurde bereits bei den somatoformen Oberbauchbeschwerden unter den funktionellen Störungen der Speiseröhre besprochen, wird jedoch auch hier erwähnt, weil es im HNO-Bereich eine der häufigsten Missempfindungen darstellt.

Im internationalen Diagnoseschema wird die Symptomatik zu den „sonstigen somatoformen Störungen“ gezählt, die nicht durch das autonome Nervensystem vermittelt werden und zudem auf bestimmte Systeme oder Körperteile begrenzt sind.

Unter einem Globus pharyngeus versteht man umgangssprachlich ein Zuschnüren der Kehle oder einen „Kloß im Hals“.

Genauer definiert ist es ein Fremdkörpergefühl im Rachen (Pharynx = Schlund, Rachen), bedingt durch eine Verspannung der Schluck- und Halsmuskulatur.

Dabei gibt es auch enge Zusammenhänge mit einer reflektorisch hervorgerufenen Verspannung der Halswirbelsäule.

Neben dem Fremdkörpergefühl, das durch häufiges Schlucken oder Wassertrinken zu beseitigen versucht wird, bestehen weitere unangenehme Gefühle wie Kratzen, Brennen oder Schmerzen.

Häufig treten derartige Missempfindungen im Rachen auch bei funktionellen Stimmstörungen auf, vergleichbar einem Muskelkater nach übermäßiger Muskelanstrengung.

Dissoziative Riechstörung

Die extrem seltenen psychogenen Riechstörungen (Geruchlosigkeit oder Geruchüberempfindlichkeit) werden als dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen bezeichnet und den dissoziativen Störungen oder Konversionsstörungen zugeordnet; hier gilt es, einen aktuellen Konflikt als Auslöser herauszufinden.

Vasomotorische Rhinopathie

Die wichtigste funktionelle Störung im Bereich der Nase ist die so genannte hyperreflektorische oder vasomotorische Rhinopathie, die durch unspezifische Reize ausgelöst wird.

Dabei wird wässriger Schleim (Rhinorrhö) abgesondert, oft verbunden mit einem krampfhaften Niesanfall, dazu kommt das Gefühl einer verstopften Nase und der verminderten Geruchsempfindung.

In ähnlicher Weise kann eine regelmäßig verstopfte Nase mit ständigem Schniefen die Reaktion auf emotionellen Stress sein, besonders wenn das Immunsystem aufgrund andauernder Überforderung allgemein geschwächt ist.

Dissoziative Stimmstörungen

Funktionelle Stimmstörungen sind nichtorganische Beeinträchtigungen der Stimme, die zu den dissoziativen Bewegungsstörungen zählen.

Sie beruhen auf einer mangelnden Koordination im Bewegungsablauf des Sprechapparats, die zu einer gestörten Funktion bei der Stimmgebung führen.

Stimmstörungen treten vor allem bei Menschen in „Sprechberufen“ wie etwa Lehrern, Kindergärtnerinnen oder Verkäuferinnen auf. Dissoziative Stimmstörungen können durch Erwartungsängste bezüglich des öffentlichen Versagens der Stimme verstärkt werden.

Andererseits kann aber auch eine organische Stimmstörung zu psychosozialen Problemen führen und Versagensängste in sozialen Situationen begünstigen.

Man unterscheidet dissoziative Aphonien und Dysphonien, die ohne Behandlung zu Veränderungen des Kehlkopfs führen können.

Eine dissoziative Aphonie ist der plötzliche Verlust der Stimme für einige Stunden bis mehrere Tage. Die Stimme ist völlig tonlos, der Betroffene kann nur noch flüstern. Die Störung kann immer wieder auftreten.

Funktionelle Dysphonien sind Stimmstörungen mit einer Veränderung des Klanges und der Leistungsfähigkeit der Stimme, aber ohne primär organische Veränderungen der Stimmlippen.

Die Betroffenen leiden unter Heiserkeit, Stimmschwäche, Räusperzwang, Missempfindungen wie Brennen, Trockenheit, Schmerzen, Druck- und Spannungsgefühlen. Emotionale Faktoren beeinträchtigen den Stimmeinsatz, die Klangfarbe und die Tonhöhe.

Es besteht ein enger Zusammenhang mit der individuellen Verarbeitung von Emotionen, inneren Konflikten, Überforderung und Aspekten der Stimmbelastung.

Die Symptome entwickeln sich oft schleichend, bei mehr als der Hälfte nach einem grippalen Infekt oder einer Infektion im Mund- und Halsbereich und wechseln situativ in Intensität und Ausprägung.

Oft bestehen auch psychische Symptome (Erschöpfungsgefühle, Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und soziale Unsicherheit).

Man unterscheidet zwei Arten von Dysphonien: ein „Zuwenig“ und ein „Zuviel“ an Stimme.

Eine hypofunktionelle Dysphonie zeigt sich in einer leisen, gehauchten Stimme, einer geringen Modulation, nur oberflächlicher Atmung und ungenügendem Öffnen des Mundes und kommt häufig bei Menschen mit Erschöpfungszuständen und Depressionen vor.

Eine hyperfunktionelle Dysphonie weist folgende Merkmale auf:

zu laute, zu hohe, raue, mitunter kippende Stimme, harte bis knarrende Stimmeinsätze, schlechte Vokalausformung, Neigung zur Verkrampfung des Kehlkopfeinganges; die Stimme klingt gepresst, gequält, stöhnend und ächzend, die Artikulation ist mühsam, die Atmung zu schnell. In beiden Fällen sind Krafteinsatz und Stimmtechnik unökonomisch.

Organische Störungen

Psychosomatisch relevante Störung:

  • allergische Rhinopathie (Heuschnupfen)

Allergische Rhinopathie

Brennende Augen, laufende Nase und gereizte Bronchien sind die bekannten Symptome des so genannten „Heuschnupfens“.

An einer derartigen allergischen Rhinopathie, die man im Falle von chronischem Stress aufseiten der Betroffenen durchaus unter psychosomatischen Aspekten im engeren Sinne betrachten kann, leiden 10 bis 20 % der Bevölkerung.

Es handelt sich dabei um eine allergische Entzündung der Nasenschleimhaut (z.B. durch Pollen, Hausstaub oder Tierhaare) mit den Symptomen Juckreiz, Verstopfung der Nase, Fließschnupfen, Niesreiz, nasaler Stimme, Störungen des Geruchs- und Geschmacksempfindens, Entzündung der Nasennebenhöhlen und Abgeschlagenheit.

Heuschnupfen plagt immer mehr Menschen: Jeder fünfte Erwachsene ist davon betroffen – die Tendenz ist stark steigend.

Psychosomatische Konzepte

Psychologische Faktoren

Stress und psychosoziale Belastungsfaktoren gelten als Auslöser oder Verstärker von funktionellen sowie organischen Beeinträchtigungen im Bereich von Nase, Kehle und Stimme.

Ein somatoformes Globusgefühl kann Ausdruck von inneren Konflikten, Überforderung, Stress, Angst, Depressionen, Hilflosigkeits- und Ohnmachtsgefühlen sein.

Bei Aufregung und Stress trocknet der Hals aus, sodass die Betroffenen ständig Räuspern und Hüsteln müssen.

Durch diese ständige Aufmerksamkeitszuwendung auf den Halsbereich wird die Symptomatik unnötig verstärkt und fixiert.

Die Überreaktion der Nasenschleimhaut kann sowohl bei einer vasomotorischen Rhinopathie als auch bei einer allergischen Rhinopathie durch heftige Emotionen und Stress verstärkt werden, der das Immunsystem schwächt.

Bei Beziehungskonflikten, Ängsten und Depressionen genügen oft bereits wenige Pollen, um die Symptomatik auszulösen.

Dissoziative Stimmstörungen hängen oft mit inneren Anspannungen zusammen, mit psychischen Konflikten, sozialer Unsicherheit, Angst, depressiven Zuständen, Stress und Überforderung in der Familie oder im Beruf.

Ein weiterer Grund liegt im falschen Gebrauch der Stimme, vor allem in Sprechberufen wie Telefonistinnen, Verkäuferinnen oder Lehrern, sodass es zur Überforderung der Stimmbänder kommt.

Bei Menschen in Sprechberufen sowie bei Sängern und Schauspielern wird der psychosoziale Stress zusätzlich verstärkt durch die verständliche Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes.

Traumatisierende Erlebnisse wie Unfälle, sexuelle und körperliche Gewalt können zu einem totalen Verlust der Stimme führen – nach dem Motto „Ich will mit dieser Welt nicht mehr kommunizieren“.

Stimmstörungen können auch durch emotional bedingtes falsches Atmen entstehen.

Therapeutische Strategien

Beim Globusgefühl sowie bei Stimmstörungen sind Techniken zur richtigen Atmung sehr hilfreich, um vor allem die Entspannung in der Ausatmungsphase zu intensivieren.

Bei funktionellen Störungen der Nase können Atemtechniken die Atmung durch die Nase statt durch den Mund fördern, denn die Mundatmung gewährleistet keine adäquate Lufterwärmung und -befeuchtung.

Bei dissoziativen Geruchsstörungen können dadurch möglicherweise wieder Geruchsempfindungen angeregt werden.

Bei funktionellen Stimmstörungen ist vor allem auch eine logopädische Behandlung wichtig, wobei jedoch eine ganzheitliche Sichtweise in Hinblick auf die emotionale und psychosoziale Befindlichkeit von entscheidender Bedeutung ist.

Arbeit an der Stimme ist immer Arbeit an der ganzen Person.

Reine Laut- und Stimmübungen werden nicht den gewünschten Effekt erbringen.

Grundsätzlich gilt: Vorrangig müssen die hinter den verschiedenen HNO-Symptomen stehenden inneren Konflikte und äußeren Belastungssituationen erkannt und bewältigt werden.