Achtsamkeit
Achtsamkeit
Achtsamkeit bedeutet, alles, was im Augenblick geschieht, bewusst wahrzunehmen, ohne es gleich zu beurteilen, ob es uns jetzt oder in Zukunft nützlich sein kann. Menschen verlieren im Alltag häufig den gegenwärtigen Augenblick aus den Augen, auch wenn das die einzige Zeit ist, in der man handeln und die man tatsächlich erleben kann. Wenn sich die Gedanken jedoch nur mit der Zukunft oder der Vergangenheit befassen, ist es nicht mehr möglich, wirklich im Augenblick präsent zu sein, weder bei kleinen noch bei großen Ereignissen, d.h., das Leben braust förmlich an den Menschen vorbei, ohne von ihnen gelebt zu werden. Achtsamkeit ist dabei mehr als nur Konzentration, denn Konzentration heißt, sich auf einen Gedanken oder ein Objekt zu fokussieren, sie wird z.B. gebraucht beim Lösen von Rechenaufgaben. Achtsamkeit hingegen brauchen Menschen bei neuen oder kreativen Aufgaben, wenn sie sich nicht auf Bekanntes beziehen können. Achtsam sind Menschen sich dann nicht, wenn sie mehrere Dinge gleichzeitig oder automatisiert erledigen, wenn eingeschliffene Gewohnheiten sie steuern oder sie Lösungswege nur aus einer Quelle beziehen. Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts entwickelte der amerikanische Molekularbiologe Jon Kabatt-Zinn von der Universitätsklinik Massachusetts das Achtsamkeitstraining zunächst für stressgeplagte Patienten:
Mindfullness Based Stress Reduction. Wird der Geist sanft und immer wieder in den jeweiligen Moment (zurück-)geführt, die Körperwahrnehmung geschult, eine beobachtende Geisteshaltung angenommen, dann wird der Mensch am Ende auch entspannter und gelassener, Stresssymptome nehmen ab.
Zahlreiche Störungen werden daher inzwischen mit der Achtsamkeitstherapie behandelt, darunter Depressionen, Borderline-Störungen, Burnout, Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen oder das chronische Erschöpfungssyndrom.
Kontraindiziert sind nach Ansicht der APA Achtsamkeitsübungen jedoch bei manchen psychische Störungen, denn es gibt zahlreiche Berichte oder Studien über Achtsamkeits- oder Meditationserfahrungen, die eine zusätzliche Behandlung nach sich zogen. Vor allem bei Menschen mit Traumata und speziellen Depressionen kann Meditation zu Flashbacks oder einer unbewältigbaren Wahrnehmung der eigenen inneren Vorgänge führen, so dass es zu einer Verschlechterung der mentalen Gesundheit kommen kann.
Auch bei einigen anderen psychischen Störungen können manche Achtsamkeitsübungen negative Auswirkungen haben und psychiatrische Probleme verschlimmern. Zwar ist unbestritten, dass es vielen Menschen hilft, Rituale in ihren Alltag zu integrieren, die sie in einen Austausch mit sich selbst führen, denn Journaling (moderne Form des Tagebuchschreibens), Atemübungen, Meditieren, regelmäßige Pausen oder das Tempo zu reduzieren und nachzufühlen, was in den eigenen Gedanken los ist, kann in zahlreichen Fällen, das Lebensgefühl verbessern und sich positiv auf die Selbstwahrnehmung oder Zufriedenheit auswirken, aber durch die dabei stattfindende Vertiefung kann man sich das Leben auch manchmal schwerer und komplizierter machen als notwendig und sich dadurch selbst ausbremsen.
Durch Übungen zur Achtsamkeit soll es möglich werden, im Moment innezuhalten und die Atmung, den Körper und die Gedanken, also sich als Ganzes, aufmerksam wahrzunehmen, ohne sie gleich zu beurteilen oder verändern zu wollen. Dadurch entsteht ein tieferes Verständnis für sich selbst, wenn man erkennt, dass man auch in belastenden oder kritischen Situationen wach und aufmerksam handeln kann, ohne sich in der Situation zu verlieren und nur noch automatisch zu handeln, weil man bestimmte Dinge in der Zukunft erreichen oder auch vermeiden will. Achtsamkeit als Aufmerksamkeit für sich selber in diesem Augenblick fördert die Klarheit sowie die Fähigkeit, die Realität der Gegenwart zu akzeptieren, wobei auch klar wird, dass das Leben aus einer Folge von solchen Augenblicken besteht. In je mehr solcher Augenblicke man völlig gegenwärtig ist, kann man erst erkennen, was im Leben am wertvollsten ist. Durch mehr Achtsamkeit beginnt der Reichtum und die Tiefe der Möglichkeiten zu wachsen und letztlich beginnt man sich zu verändern.
Übungen zur Achtsamkeit sind eine einfache und zugleich hochwirksame Methode, sich bewusst in den Fluss des Lebens zu integrieren.
Test zur Messung der Selbst-Achtsamkeit:
Achtsam sein bedeutet, innere und äußere Vorgänge mit ungeteilter, entspannter Aufmerksamkeit zu beobachten und „das ganze Bild“ aufnehmen, und basiert auf folgenden Voraussetzungen: Über-Bewusstheit: Wir verlieren uns nicht in einer Tätigkeit, sondern sind uns bewusst, dass wir etwas Bestimmtes tun
Nicht abgelenkt sein: Unsere Wahrnehmung wird nicht beeinträchtigt durch Grübeleien, Zukunftssorgen, Gefühle oder andere Störungen.
Neutralität: Wir beurteilen oder bewerten nicht das Wahrgenommene, auch wenn uns etwas bereits bekannt vorkommt und wir gerne auf Vorurteile oder Erfahrungen zurückgreifen möchten. Wir registrieren die Geschehnisse, ohne Gedanken oder Gefühle einzuklinken.
Perspektivenwechsel: Wir sind uns bewusst, dass unsere Sichtweise falsch, beschränkt oder einengend sein kann, weil Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden können.
Achtsamkeit ist mehr als nur Konzentration:
Konzentration heißt, sich auf einen Gedanken oder ein Objekt zu fokussieren, sie wird z.B. gebraucht beim Lösen von Rechenaufgaben.
Achtsamkeit dagegen brauchen wir bei neuen oder kreativen Aufgaben, wenn wir also nicht auf Bekanntes beziehen können. Achtsam sind wir nicht, wenn wir mehrere Dinge gleichzeitig oder automatisiert erledigen, wenn eingeschliffene Gewohnheiten uns steuern oder wir Lösungswege nur aus einer Quelle beziehen. Die Möglichkeit von Veränderung wird dabei ausgeblendet. Wenn wir glauben, etwas schon zu wissen, sind wir nicht mehr präsent.
Achtsamkeit ist das zentrale Thema im Zen, d.h., im Augenblick zu leben, ohne ihn zu beurteilen, den Geist zu beruhigen, konzentriert zu handeln, nichts erreichen zu wollen und unabhängig von allem zu sein. Achtsamkeit lässt sich am besten erreichen, wenn man von vornherein vermeidet, unachtsam zu sein. Um Unachtsamkeit zu vermeiden, müssen wir uns klar machen, dass die Wahrheit jeder Information von ihrem Kontext abhängt. Wenn wir also etwas wahrnehmen, sollte uns bewusst sein, dass es sich nie um eine absolute Tatsache handelt. Um achtsam zu bleiben, müssen wir einen gesunden Respekt vor Unsicherheit kultivieren. Um einer Sache achtsam zu begegnen, sollten wir aktiv und bewusst nach Unterschieden suchen. Das tun wir nicht, sobald wir glauben, ein Ding, einen Ort oder einen Menschen bereits in- und auswendig zu kennen. Die Erwartungen von etwas Neuem dagegen hält uns wachsam und achtsam.
Schindler et al. (2019) haben in einigen Studien untersucht, welchen Effekt Achtsamkeitsübungen auf moralisch motiviertes Verhalten haben. Sie vermuten, dass Achtsamkeit die eigene Aufmerksamkeit auf Eindrücke und Gefühle richtet, ohne diese sofort zu bewerten, sodass normale moralische Handlungen, die aus einer unkontrolliert emotionalen Reaktion heraus erfolgen, dann abgeschwächt werden.
Sebastian Herrmann berichtet in der Süddeutschen Zeitung vom 17. Dezember 2019, dass sogar schon Politiker auf Achtsamkeits¬meditation setzen. So wird im britischen Unterhaus seit 2013 über Parteigrenzen hinweg ohne Fraktionszwang gemeinsam meditiert, und auch in Schweden, den Niederlanden, in Frankreich und sogar im US-Kongress haben Abgeordnete in den vergangenen Jahren Achtsamkeitsinitiativen gestartet.
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