Wie das Herz die Wahrnehmung beeinflusst

Wie das Herz die Wahrnehmung beeinflusst

Wahrnehmung beinflusst uns

Das Wichtigste in Kürze

Unser Herz und unser Gehirn kommunizieren ständig miteinander. Geraten wir etwa in eine gefährliche Situation, sorgen Signale aus dem Gehirn dafür, dass der Puls steigt – und entsprechend wieder sinkt, wenn die Gefahr vorüber ist. Umgekehrt sendet auch das Herz Informationen ans Gehirn und beeinflusst darüber auch unsere Wahrnehmung. Bislang ist jedoch unklar, wie das funktioniert. Forscherinnen des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig und der Berlin School of Mind and Brain haben nun zwei entscheidende Mechanismen dafür entdeckt – und wie diese zwischen einzelnen Personen variieren.

Schlägt das Herz in seinem regelmäßigen Rhythmus, zieht es sich während der sogenannten systolischen Phase zusammen und pumpt Blut in den Körper. In der anschließenden diastolischen Phase fließt das Blut zurück, das Herz füllt sich wieder. Aus einer früheren Studie am MPI CBS weiß man: Im Laufe dieses Zyklus verändert sich unsere Wahrnehmung. Während der ersten Phase, der Systole, nehmen wir mit geringer Wahrscheinlichkeit einen elektrischen Reiz am Finger wahr als in der zweiten, der Diastole.

In der aktuellen Studie entdeckten nun die Wissenschaftlerinnen, was der Grund für diese veränderte Wahrnehmung ist: Mit dem Herzzyklus verändert sich auch die Hirnaktivität. Während der ersten Zyklusphase ist ein entscheidender Teil der Hirnaktivität unterdrückt, die sogenannte P300-Komponente. Bei der geht man davon aus, dass sie sonst den Übergang ins Bewusstsein kennzeichnet. Wird sie unterbunden, wird demnach die eintreffende Information nicht bewusst wahrgenommen. Das Gehirn scheint also zu erkennen, dass die durch den Puls hervorgerufenen Veränderungen im Körper nicht real als Reaktion auf eine veränderte Umgebung auftreten. Sie sind vielmehr nur eine Reaktion auf den regelmäßig wiederkehrenden Herzschlag. Dadurch stellt es sicher, dass wir uns nicht jedes Mal aufs Neue von unserem Puls stören lassen. Dieser Mechanismus scheint aber auch zu bewirken, dass echte äußere Reize während dieser Phase nicht wahrgenommen werden – zumindest entsprechend schwache.

Wahrnehmung Grafik

Während ihrer Untersuchungen entdeckten die Forscherinnen noch einen zweiten Effekt: Je stärker das Gehirn einer Person auf den Herzschlag reagiert, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie den äußeren Reiz wahrnimmt. „In dieser Zeit scheint sich die Aufmerksamkeit von Signalen, die von außen eintreffen, auf solche zu verschieben, die wir aus dem Inneren erhalten“, erklärt Esra Al, Erstautorin der Studie, die jetzt im renommierten Fachmagazin PNAS erschienen ist. Eine starke Reaktion des Gehirns auf den Herzschlag bedeute demnach, dass es sich in einem Zustand befindet, in dem es sich mehr auf Informationen aus dem Körper und den Organen konzentriere. Eindrücke aus der äußeren Welt blieben in dem Moment eher außen vor.

Die Ergebnisse sind auch medizinisch von Interesse. Sie erklären nicht nur bei Gesunden den Zusammenhang von Herz- und Hirnfunktion, sondern auch bei Erkrankungen dieser Organe.

Das könnte erklären, warum Menschen nach Schlaganfall oft gleichzeitig am Herzen erkranken, und warum – andersherum – Menschen mit Herzerkrankungen gleichzeitig in ihren kognitiven Fähigkeiten eingeschränkt sind – obwohl die dafür zuständigen Hirnareale gar nicht direkt betroffen sind.

Untersucht haben die ForscherInnen diese Zusammenhänge mithilfe von schwachen elektrischen Signalen, die sie den Studienteilnehmern über Elektroden am Finger gaben. Parallel dazu erfassten sie die Hirnaktivitäten der Teilnehmer mithilfe von EEG und deren Herzaktivitäten mittels EKG.

Originalpublikation:

Esra Al, Fivos Iliopoulos, Norman Forschack, Till Nierhaus, Martin Grund, Paweł Motyka, Michael Gaebler, Vadim V. Nikulin, and Arno Villringer; Heart–brain interactions shape somatosensory perception and evoked potentials

 

Wie das Gehirn das Fürchten lernt

Wie das Gehirn das Fürchten lernt

Gerhirn fürchtet - Psychologie

Wie das Gehirn das Fürchten lernt

Vor Chefs, Hunden oder Spinnen fürchten sich Menschen nicht von Geburt an. Viele Ängste lernen wir erst im Laufe des Lebens. Das Gehirn ist dafür ideal eingerichtet: An alles, was es fürchtet, erinnert es sich besonders gut.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei der Furchtkonditionierung wird ein bedrohlicher Reiz in der Amygdala mit einem vorher neutralen Reiz verknüpft.
  • Die Amygdala ist verantwortlich für das Verknüpfen von Erinnerungen mit Emotionen.
  • Emotionale Ereignisse brennen sich dank verschiedener, vom Gehirn ausgeschütteter Botenstoffe besonders tief in das Gedächtnis ein.

Krankhaft ohne Angst

„Wenn mir’s nur gruselte!“, sehnt sich auch der Junge, der in einem Märchen der Gebrüder Grimm „auszog, das Fürchten zu lernen“, – ein Wunsch, den Patienten mit dem Urbach-Wiethe-Syndrom kennen. Denn bei den Betroffenen verkalken die Gefäße innerhalb der Amygdala, sodass die umliegenden Zellen absterben. Ihr Furchtempfinden ist meist stark gestört.

Im Fachmagazin „Current Biology“ berichtete Justin Feinstein zusammen mit Kollegen von der University of Iowa von einer Patientin (abgekürzt SM): In einer Zoohandlung griff sie interessiert nach Schlangen und hätte auch gerne eine Tarantel angefasst. Weder die Geisterbahn noch der Film „Das Schweigen der Lämmer“ erschreckten SM. “Der einzigartige Fall der Patientin SM bietet einen seltenen Einblick in die widrigen Folgen, ein Leben ohne funktionierende Amygdala zu leben. Für SM waren die Folgen schwerwiegend“, schrieben die Neurowissenschaftler. Da sie Gefahren nicht erkannte, wurde SM Opfer zahlreicher Verbrechen. Patienten ohne funktionsfähige Amygdala leiden häufig unter einem weiteren Defizit: Emotionale Inhalte können sie nicht besser erinnern als neutrale.

Löschen der Furcht

Watsons Experiment mit dem kleinen Albert wurde häufig kritisiert. Nicht nur wegen einiger methodischer Mängel – Watson schlug nur gegen die Eisenstange, wenn Albert die Hand nach dem Tier ausstreckte – sondern auch, weil Watson den kleinen Albert nicht von seiner Angst kurierte. Am Ende des Experimentes fürchtete sich Albert nicht nur vor weißen Ratten, sondern auch vor Nikolausbärten, Kaninchen und Hunden. Doch Albert verließ die Klinik, in der Watson ihn entdeckt hatte, bevor der Psychologe die Angst wieder aus Alberts emotionalem Gedächtnis löschen konnte.

Das Verlernen der Furcht bezeichnen Psychologen und Neurowissenschaftler als Extinktion (siehe auch Themenkomplex „Verlernen“). Bei der Extinktion folgt auf den wiederholt dargebotenen konditionierten Reiz kein unangenehmer Reiz. Watson hätte also Albert die weiße Ratte mehrfach ohne gleichzeitigen Lärm zeigen müssen. Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen Lernprozess, bei dem der ventromediale präfrontale Cortex beteiligt ist. Zellen aus diesem Bereich des Cortex senden Fasern zu hemmenden Zellen im lateralen Kern der Amygdala. Eigentlich wird die Furcht also nicht gelöscht, sondern lediglich gehemmt. Daher können Ängste vor allem unter Stress spontan wieder auftreten.

Spur der Angst

Entscheidend für das emotionale Erinnern sind die N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptoren, kurz NMDA-Rezeptoren in der Amygdala. Blockiert man bei Tieren die NMDA-Rezeptoren in der Amygdala, können sie keine neuen Ängste durch Konditionierung erwerben. Das Besondere an diesen Rezeptoren ist, dass sie nicht reagieren, wenn sie nur durch einen Reiz erregt werden, sondern erst, wenn ein zweiter Reiz kurz darauf folgt. Über die geöffneten Rezeptoren strömen Calcium- und Natriumionen ins Zellinnere ein, wodurch die Zelle empfindlicher auf eingehende Reize reagiert. Tritt beim nächsten Mal nur der Ton auf, kann er allein die Zelle erregen, ein Prozess, bei dem die so genannte Langzeitpotenzierung von Bedeutung ist Lernen von Zelle zu Zelle.

Die Erregung der Zellen im lateralen Kern wandert über verschiedene andere Kerne schließlich zum Ausgang der Amygdala: dem zentralen Kern. Wie ein General erteilt der zentrale Kern Befehle an verschiedene Strukturen des Zwischen- und Stammhirns, die die angeborenen Angstreaktionen auslösen, um das Tier für Flucht oder Kampf zu wappnen.

Albert schreit. Der Säugling dreht sich nach links, fällt vorne über, rappelt sich hoch – und krabbelt schließlich weg, so schnell er kann. Eine weiße Ratte hat den elf Monate alten Knirps erschreckt. Noch zwei Monate zuvor hatte Albert zutraulich die Hand nach dem Tier ausgestreckt. Doch dann wurde der kleine Junge im Jahr 1920 Proband des Psychologen John B. Watson von der Johns Hopkins University. Und der schlug immer dann mit einem Hammer kräftig gegen eine Eisenstange, wenn er Albert die weiße Ratte zeigte – bis schon der Anblick des Tieres den kleinen Albert weinen und flüchten ließ. Watson war es gelungen, Albert das Fürchten zu lehren.

Auf der Suche nach der Angst

Die Methode, die heute wenig kindgerecht erscheint, war bereits als Furchtkonditionierung aus Tierexperimenten bekannt: Wenn ein furchtauslösender Reiz oft kurz nach oder gemeinsam mit einem zweiten Reiz auftritt, erzeugt auch der bis dahin neutrale Reiz Angst. „Ich kenne kein Tier, das nicht konditioniert werden kann“, schreibt der Neurowissenschaftler Joseph LeDoux von der New York University. Offenbar hat sich erlernte Angst in der Evolution als sinnvoll erwiesen – und das auch beim Menschen. Das Kind, das nach der ersten Brandblase den Herd fürchtet, profitiert genauso von diesem uralten Mechanismus wie die Katze, die vor dem Bellen des Nachbarhundes erschrickt.

Manche Ängste lassen sich besonders schnell erlernen, etwa die Angst vor Schlangen: Schon in der Frühzeit überlebten Urmenschen eher, wenn sie sich gegenüber allem fürchteten, was sich schlängelte. Doch die meisten heutigen Gefahren bedrohten vor tausenden von Jahren niemanden. Wären Menschen nicht in der Lage, Angst zu erlernen, wären sie möglicherweise bereits ausgestorben: von Zügen überrollt, von Autos überfahren oder durch Stromschläge umgekommen.

Was beim Lernen und Erinnern der Angst im Kopf passiert, hat der Neurowissenschaftler Joseph LeDoux an Ratten untersucht. Er setzte die Nager in eine Versuchsbox, ausgestattet mit einem Lautsprecher und einem Bodengitter aus Metall. Wenn ein Ton erklang, spürte die Ratte gleichzeitig über das Metallgitter einen leichten, aber unangenehmen Stromschlag. Wie zu erwarten, reagierte sie nach kurzer Zeit mit großer Furcht auf den Ton.

Das emotionale Gedächtnis: die Amygdala

Als der Angstforscher jedoch die Amygdala des Nagers zerstörte, zeigte das Tier plötzlich keine Furcht mehr. Versuchstiere mit geschädigter Amygdala konnten das Fürchten gar nicht erst erlernen. Auch bei Menschen mit Störungen der Amygdala zeigte sich, dass dieses Areal für das Lernen von Angst unerlässlich ist. Dieses Hirnareal, aufgrund seiner anatomischen Struktur auch Mandelkern genannt, ist eine Ansammlung von Kernen tief im linken und im rechten Schläfenlappen, in unmittelbarer Nähe des Hippocampus.

Mit bildgebenden Verfahren konnten Neurowissenschaftler mittlerweile auch beim Menschen zeigen, dass die Amygdala gesteigerte Aktivität aufweist, wenn der Angstschweiß strömt und der Puls steigt. „Eine Ratte würde durch die Nachricht eines Börsencrashs niemals eine Panikattacke bekommen“, so LeDoux, „und ein Mensch fürchtet sich normalerweise nicht vor einer Katze. Doch die Weise, wie unsere Körper auf die Neuigkeit eines Börsencrashs reagieren, ist der Reaktion einer Ratte, wenn sie eine Katze sieht, sehr ähnlich.“

Doch was genau passiert in den Kernen, aus denen die Amygdala besteht? Der Thalamus, die sensorische Schaltzentrale des Gehirns, informiert den lateralen Kern der Amygdala sowohl über die Präsentation des Tones als auch über den unangenehmen Fußreiz. Am Tor der Amygdala werden die Informationen über den Signalton und den Stromschlag miteinander verknüpft. Die Zellen dort sind multimodal. Das bedeutet, sie können die Informationen verschiedener Sinnesorgane verarbeiten – also Gesehenes, Gehörtes, aber auch Schmerz oder Berührung. Dass der elektrische Reiz auf den Ton folgt, gräbt sich in das „Gedächtnis“ der Amygdala ein.

Amygdala

Die Amygdala ist ein wichtiges Kerngebiet im Temporallappen, welches mit Emotionen in Verbindung gebracht wird. Es bewertet den emotionalen Gehalt einer Situation und reagiert besonders auf Bedrohung. Die Amygdala – zu Deutsch: Mandelkern – wird zum limbischen System gezählt. © dasGehirn.info

Angst im Korrekturmodus

Das ungute Gefühl beim Erklingen des Tones, die emotionale Erinnerung, entsteht somit in der Amygdala. Doch für die bewusste Furcht benötigt der Mensch weitere Gehirnregionen: Den jeweiligen sensorischen Cortex, den unimodalen sowie den polymodalen Assoziationscortex und den Hippocampus. Wie die Amygdala erhalten auch diese Areale ihre Informationen vom Thalamus. Doch statt einer groben Skizze des Geschehens erhält und verarbeitet der Cortex eine detaillierte Aufnahme der Situation. Auf diese Weise kann er ähnliche, aber unterschiedlich bedrohliche Reize wie etwa zwei verschiedene Töne unterscheiden. Manchmal entpuppt sich durch die Analyse des Cortex die bereits aufwallende Angst der Amygdala als Fehlalarm: Der Einbrecher an der offenen Balkontür war doch nur der Vorhang im Wind.

Haben sich Ängste erst einmal entwickelt, bestehen sie meist für lange Zeit. Denn Angst entsteht nicht nur im Gehirn, sie verändert es auch: Lernen von Zelle zu Zelle. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Angst wieder abzuschwächen – mit einer Art umgekehrter Konditionierung.

Wenn das Gehirn eine Angst erlernt, speichert es nicht nur genaue Informationen über den furchtauslösenden Reiz ab, sondern es merkt sich auch den Kontext. Schließlich ist eine Schlange auf dem Waldboden gefährlicher als eine Schlange hinter Glas. Dafür, dass wir uns solche Kontextinformationen einprägen, sorgt der Hippocampus im Schläfenlappen, der eine wichtige Rolle beim Merken und Erinnern von Fakten spielt.

Emotionale Erinnerungen haften besser

Die Verknüpfung der Emotion mit der Erinnerung hat einen Grund: Die Amygdala drückt den Erinnerungen den Stempel „wichtig“ auf. Deshalb können sich Menschen emotional aufgeladene Erinnerungen besser merken. Ängstigende Erlebnisse zu erinnern, ist besonders wichtig. Schließlich kann es das Leben retten, Höhen, Schlangen oder brutale Mitmenschen zu meiden. Daher aktiviert der zentrale Kern der Amygdala in einer furchteinflößenden Situation nicht nur das Kampf- oder- Fluchtsystem, sondern auch das emotionale Gedächtnis. Indem die Amygdala den Nucleus basalis im basalen Vorderhirn erregt, bewirkt dieser, dass in nahezu allen Strukturen des Cortex der Botenstoff Acetylcholin ausgeschüttet wird. Dieser Neurotransmitter unterstützt das Gehirn dabei, möglichst viele Sinneseindrücke aufzusaugen. Zudem sorgt die Amygdala dafür, dass verschiedene Stresshormone freigesetzt werden. Diese spielen eine wichtige Rolle, wenn Menschen sich emotionale Erlebnisse einprägen oder erinnern.

Dass Albert sich an das Scheppern der Eisenstange erinnerte, sobald er die Ratte sah, ist also ein genauso komplexer wie lebenswichtiger Mechanismus. Um Ängste vor Ratten, Hunden oder auch Chefs zu lernen, benötigt der Mensch nicht nur eine formbare Amygdala, sondern auch verschiedene Cortexareale und den Hippocampus. Nur so können wir den Dackel vom Rottweiler unterscheiden, die Angst vorm Hund bewusst empfinden und uns erinnern, wie uns einst ein Rottweiler in die Wade gebissen hat.

Angststörung

Angststörung

Angststörung-Psychologie

Symptome und Therapien bei überwältigender Angst

Angst ist ein notwendiges Gefühl. Sie hilft uns dabei, Gefahren zu erkennen und uns vor möglichen negativen Folgen zu schützen. Sind Angstreaktionen jedoch überwältigend und völlig übertrieben, kann man von einer Angststörung sprechen. Wir erklären dir, welche Symptome es gibt und wie du eine Angststörung therapieren kannst.

Was man unter einer Angststörung versteht

Von einer Angststörung spricht man, wenn das normale Angstgefühl ins Extreme umschlägt und das Leben der Betroffenen stark einschränkt. Angst ist ganz normal. Sie stellt sich in vielen Situationen ein. Man kann zwischen Furcht, Angst und Panik unterscheiden. Während Furcht sich meist auf einen konkreten Gegenstand bezieht, ist Angst eher abstrakt und ein allumfassendes Gefühl. Panik bezeichnet man als eine übermächtige Angst, bei der es schwer fällt klar zu denken. Der Betroffene reagiert meist völlig unüberlegt und handelt reflexartig.

Angststörungen gehen oft mit Panik einher, beispielsweise in Form von Panikattacken. Die Angst tritt hier in völlig harmlosen Situationen auf – wie in einem Café, in dem man gerade mit der besten Freundin einen Kaffee trinkt. Oft gibt es keinen speziellen Auslöser. Die Angst tritt ganz plötzlich auf und trifft den Betroffenen völlig unvorbereitet und in stärkster Ausprägung. Körperliche Symptome treten auf und die Panikattacke ist nicht mehr zu stoppen.

Spätestens wenn Angst in einer Panikattacke mündet, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Dieser untersucht den Patienten auf eine mögliche Angststörung und schließt weitere mögliche Ursachen aus, denn Angstzustände können auch auf andere psychische und körperliche Erkrankungen hinweisen.

Angststörungen sind keine Seltenheit. Sie zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Circa jeder achte Deutsche leidet an einer Angststörung. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. Zu den Angststörungen zählen Panikstörungen, Phobien und die Generalisierte Angststörungen. Unbehandelt können sie schwerwiegende Folgen wie Depressionen mit sich bringen. Traumatische Ereignisse können ebenfalls zu Ängsten führen.

Angststörungen: Die Ursachen

Die Ursachen für Angststörungen sind vielfältig. Oft spielen mehrere Faktoren zusammen, so dass jede Angststörung für sich ganz individuell verläuft. Das können zum Einen genetische Veranlagungen, belastende oder traumatische Ereignisse oder ein Vermeidungsverhalten sein, das die Ängste noch weiter schürt. Angeborene Eigenschaften wie ein labiles vegetatives Nervensystem, das Funktionen der inneren Organe kontrolliert, begünstigen die Ausprägung verschiedener Ängste. Auch die Konfliktfähigkeit spielt bei der Bildung von Angst eine Rolle. Ist der Betroffene in einzelnen Situationen schnell überfordert, kann er in diesen Situationen vermehrt Ängste entwickeln.

Angststörungen und ihre Symptome

Eine Angststörung ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von Krankheiten. Die Krankheitsbilder sind dabei sehr verschieden und mit ihnen die Symptome. Obwohl manche Krankheiten ineinander übergreifen, muss man sie und ihre Symptome klar voneinander trennen.

Phobien

Phobien beschreiben die Angst vor bestimmten Gegenständen, Situationen oder Personen. Nicht jede Phobie muss behandelt werden. Erst wenn die Angst den Alltag des Betroffenen einschränkt, muss man eine Therapie in Erwägung ziehen. Phobien kann man in bestimmte Kategorien einteilen:

  • Agoraphobie: Diese Phobie bezeichnet man auch als Platzangst. Diese beschreibt die Angst vor der Außenwelt bzw. vor öffentlichen Situationen. Der Betroffene fürchtet einen Kontrollverlust, der es ihm nicht ermöglicht, in einer Notfallsituation zu fliehen.
  • Soziale Phobien: Soziale Phobien beziehen sich vor allem auf andere Menschen. Betroffene fürchten sich vor der Beurteilung oder Bloßstellung anderer Menschen und vermeiden darum vermehrt soziale Events.
  • Spezifische Phobien: Phobien können sich auf allerlei Gegenstände und Situationen beziehen. Während ein Teil davon weniger belastend ist und eher selten zum Problem wird, können andere Formen sehr belastend sein. Beispiele sind:
  • Klaustrophobie, die die Angst vor engen Räumlichkeiten beschreibt
  • Hypochondrie, bei der sich Betroffene vor Krankheiten fürchten
  • Glossophobie, die die Angst vor dem Sprechen bezeichnet

Die Symptome können sich je nach Art der Phobie unterscheiden. Während bei einer sozialen Phobie schon Händezittern, Übelkeit und Harndrang für eine Diagnose ausreichen können, gehen andere Formen mit starken Panikattacken einher.

Panikstörung

Panik

Panikstörung

Panikstörung als Angststörung

Die Panikstörung kennzeichnet sich vor allem durch wiederholtes Auftreten von Panikattacken. Diese treten ohne offenkundigen Grund in den verschiedensten Situationen auf und treffen den Betroffenen völlig unvorbereitet. Eine Panikattacke macht sich vor allem durch körperliche Beschwerden bemerkbar. Dazu zählt Atemnot, Schwindel und Herzrasen. Die Attacken können nur einige Minuten oder bis zu zwei Stunden andauern. Im Anschluss sind die Betroffenen psychisch und körperlich ausgelaugt und benötigen einige Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen. Dazu kommt, dass eine Panikattacke sehr traumatisch für die Betroffenen sein kann. Die Angst vor einer weiteren Panikattacke schränkt diese in ihrer Lebensqualität stark ein. Sie versuchen Panikattacken vorzubeugen, indem sie Situationen vermeiden, in denen eine Panikattacke möglich ist. Mit dieser Vermeidungsstrategie schränken sie sich jedoch stark ein.

Die Symptome sind:

  • Atemnot
  • Schwindel
  • Herzrasen
  • Übelkeit
  • Angst vor einer weiteren Attacken

Generalisierte Angststörung

Die Generalisierte Angststörung bezeichnet eine ständige Angst, die die Betroffenen nur in seltenen Momenten loslässt. Diese Angst begleitet sie meist über Monate oder Jahre hinweg und wird in vielen Fällen erst spät erkannt. Erste Anzeichen für diese Form der Angststörung ist eine innere Unruhe und stetige Besorgnis, die die Betroffenen in ihrem Denken und Tun zu kontrollieren scheint. Die Angst muss sich auf keine bestimmte Bedrohung beziehen, sondern kann allgemein und ganz ohne Grund sein. Dennoch können die Betroffenen das Gefühl nicht ablegen, dass ein schlimmes Ereignis bevorzustehen scheint. Die Generalisierte Angststörung kann mit Symptomen wie Ruhelosigkeit, Schlaflosigkeit, Muskelverspannungen und Zittern einhergehen. In schweren Fällen kann es zu Depressionen oder Panikattacken kommen. Besonders häufig sind Menschen betroffen, die das 30. Lebensjahr bereits überschritten haben.

Die Symptome sind:

  • Schlaflosigkeit
  • Muskelverspannungen
  • Zittern
  • Ruhelosigkeit
  • Starkes Schwitzen

 

Posttraumatische Belastungsstörung

Auch die Posttraumatische Belastungsstörung – kurz PTBS – zählt zu den Angststörungen. Diese kann nach stark belastenden Erfahrungen auftreten, bei dem der Betroffene um seine Sicherheit fürchten musste. Zu diesen Erlebnissen können sowohl Krieg und Terror als auch Unfälle und Naturkatastrophen zählen. Die Betroffenen sind oft sehr reizbar und unruhig. Häufig leiden sie unter Schlafstörungen und Albträumen, die sie das traumatische Erlebnis erneut erleben lassen. Auch hier versuchen die Betroffenen ein Wiedererleben eben dieses traumatischen Ereignisses zu vermeiden und isolieren sich von ihren Mitmenschen.

Die Symptome sind:

  • Reizbarkeit
  • Innere Unruhe
  • Schlafstörungen
  • Albträume
  • Isolation

Selbsttest: Leiden Sie an einer Angststörung?

Wenn Ihnen einige der genannten Symptome bekannt vorkommen und Sie nun auch befürchten, an einer Angststörung zu leiden, können Sie sich mit unserem Schnelltest ein wenig Klarheit verschaffen. Natürlich ersetzt dieser keinen Arztbesuch – der ist auch nach Beendigung des Tests unweigerlich – doch kannst du mit diesem einen ersten Eindruck erhalten.

Im Folgenden haben wir Ihnen einige Aussagen aufgelistet, die Sie entweder bejahen oder verneinen können. Trifft die Mehrzahl der Aussagen auf Sie zu, solltenSie zur Sicherheit einen Arzt hinzuziehen, dem Sie Ihre Beschwerden näher schildern. Dieser kann Ihre Symptome besser einschätzen und Ihnen eine erste und genauere Diagnose stellen. Auch wenn Sie die meisten der Aussagen verneinen, ist es nicht ausgeschlossen, dass Sie nicht doch an einer Angststörung leiden.

  • Sie haben in letzter Zeit Schwierigkeiten, sich zu entspannen.
  • Sie machen sich sehr viele Sorgen über Gefahren, Ihre Mitmenschen oder Ihre Gesundheit.
  • Sie sind vermehrt gereizt.
  • Sie leiden unter einer innerlichen Anspannung und Nervosität, ohne dass Sie einen Grund dazu hätten.
  • Sie wissen nicht, wie Sie Ihre Ängste kontrollieren können.
  • Sie leiden unter Schlafstörungen.
  • Sie verspüren vereinzelt oder ständig eine Angst, die Ihnen ein Gefühl von Unheil vermittelt.
  • Ihnen fällt es seit einiger Zeit schwer, Ihren Alltag zu meistern.
  • Sie erinnern sich willkürlich an psychisch belastende Situationen aus Ihrer Vergangenheit.
  • Sie leiden unter Konzentrationsstörungen.
  • Sie ängstigen sich in völlig harmlosen Situationen.
  • Wenn Sie weniger Sorgen und Ängste hätten, könnten Sie mehr Leistung bringen.

Therapie: So können Sie eine Angststörung behandeln

Eine Angststörung kann gut therapiert werden, allerdings nur, wenn diese schnell erkannt wird. Daher ist es wichtig, bereits erste Anzeichen ernst zu nehmen und medizinisch abklären zu lassen. Je länger eine Angststörung besteht, desto schwieriger erweist sich auch die Therapie. Dennoch gibt es einige Behandlungsansätze. Diese können ambulant, stationär oder in spezialisierten Kliniken stattfinden.

Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie ist eine wirksame Methode der Psychotherapie und wird bei vielen unterschiedlichen Leiden eingesetzt. Dabei werden verschiedene Ansätze verfolgt. Zum Einen werden positive Eigenschaften des Patienten hervorgehoben, sodass er Konflikte selbstständig zu lösen lernt. Zum Anderen sollen schlechte Gewohnheiten durch positives Verhalten ersetzt werden, um so neuen Konflikten vorzubeugen. Auch die Konfrontationstherapie wird als Teil der Verhaltenstherapie eingesetzt. Dabei wird der Patient direkt mit seinen Ängsten konfrontiert und zum Umdenken angeregt. Dieser Prozess wird durch einen Therapeuten begleitet.

Medikamente

Eine medikamentöse Behandlung hat sich bei Angststörungen bewährt, vor allem wenn sie mit einer psychotherapeutischen Behandlung kombiniert wird. Es kommen vorwiegend Antidepressiva zum Einsatz, die eine durchaus positive Wirkung bei Angststörungen zeigen. Sie helfen dabei Ängste zu lindern und sorgen gleichzeitig für eine bessere Stimmung bei den Patienten. Darüber hinaus bleibt die Leistungsfähigkeit des Patientin bestehen, so dass er seinen Alltag wieder alleine meistern kann. Jegliche Medikamenteneinnahme sollte zuvor mit einem Arzt abgesprochen werden.

Entspannungstechniken

Spezielle Entspannungstechniken können sich positiv auf eine Vielzahl von Angststörungen auswirken. Besonders die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson hat sich bei Angststörungen bewährt. Dabei werden einzelne Muskelpartien abwechselnd an- und wieder entspannt. So wird Stress abgebaut und Verspannungen gelöst. Die Patienten lernen auf diese Weise, den Zustand der Anspannung von Entspannung zu unterscheiden und diese Unterscheidung bewusster wahrzunehmen. Des Weiteren lernen die Patienten Anspannung bewusst zu kontrollieren und somit Ängsten und Panikattacken vorzubeugen.

Informieren

Angehörige und Patienten sollten sich ausreichend über Angststörungen, deren Symptome und Folgen informieren. Darüberhinaus sollten die Patienten über mögliche Ursachen der Angst informiert werden. Dazu bietet sich ein Gespräch mit einem Psychotherapeuten an. So können die Patienten mit diesen zusammen eine individuelle Lösung finden. Angehörige sollten den Patienten bei der Heilung unterstützen und die Angsterkrankung als eine Erkrankung akzeptieren, die therapiert werden muss und nicht nur durch die reine Willenskraft des Patienten geheilt werden kann.